12 Chronik und Statistik I „Pest“-Epidemie heimgesucht. Nach der genauen Be¬ schreibung des Krankheitsbildes durch den Stadtarzt Dr. Weinhart handelte es sich dabei aber nicht um die echte Pest, sondern um das Ungarische Fieber oder den Flecktyphus, der freilich auch eine hohe Sterblichkeit zeitigte. Der Landesfürst floh in das Unterinntal, die Be¬ hörden nach Sterzing und die Bevölkerung verlobte den Bau einer Kirche zu Ehren der Pestpatrone St. Sebastian und St. Rochus sowie des Stadtpatrones St. Pirmin (da¬ her Dreiheiligenkirche genannt). Zu Allerseelen 1618 stirbt zu Wien Erzherzog Maximi¬ lian. Wenige Tage später beginnt eine Reihe von Erd¬ beben, die bis Weihnachten dauern. Im Dezember ist auch ein Komet sichtbar. Im April 1620 legt ein verheerender Brand das Kloster und die Kirche der erst vor fünf Jah¬ ren eingezogenen Serviten sowie die Plattnerei (an der Stelle des heutigen Landhauses) in Asche. 1621 werden der Anführer der mährischen Rebellen, Oberst Friedrich von Tieffenbach, und der Bindergeselle Paul Lederer aus Mieders, als Verkünder der neuen Religion, öffentlich enthauptet. 1636 fliegt abermals die Pulvermühle in die Luft, wo¬ bei auch die im Hof garten erbaute Ruhelust Feuer fängt und abbrennt. Drei Jahre später fällt der Dachstuhl des Rathauses einem Brand zum Opfer. 1640 verursacht der Inn eine große Überschwemmung. Bei der Grabung nach den Gebeinen des Riesen Haymo in der Wiltener Stifts¬ kirche stürzt am 3. Dezember 1644 der Turm der Kirche ein. Im Juli 1670 beginnt die furchtbare Erdbebenperiode, die 40 Tage dauert und bei der über 100 Erdstöße die angstvollen Bürger auf die freien Felder treiben. Die St.-Jakobs-Statue stürzt von der Pfarrkirche, das Kup¬ pelkreuz von der Jesuitenkirche, und nur wenige Häu¬ ser bleiben unbeschädigt. Überdies tritt Ende Juli noch der Inn über die Ufer und setzt viele Häuser unter Wasser. Natürlich erlebten die Innsbrucker im 17. Jahrhundert auch frohe, festliche Ereignisse. Im März 1619 zieht Erz¬ herzog Leopold V. — den das prachtvolle Reiterstand¬ bild vor dem Stadtsaal zeigt — als neuer Landesfürst ein. Anfangs Februar 1622 wird die Hochzeit Kaiser Ferdi¬ nands II. mit Eleonora von Mantua prunkvoll gefeiert. Viele Triumphbögen aus Tannenreisern und Flitter¬ gold wurden für den Empfang der Braut des Landes¬ fürsten, Claudia von Medici, im April 1626 errichtet. Be¬ deutungsvolle Tage erlebte die Stadt dann zu Allerheili¬ gen 1655, als die Königin Christine von Schweden mit einem Gefolge von etwa 250 Personen hier weilte, um zum katholischen Glauben überzutreten. Ein hochfeier¬ licher Empfang wurde schließlich dem Türkenbesieger Herzog Karl von Lothringen zuteil, als er im April 1678 kurz nach seiner Vermählung mit der Schwester Kaiser Leopolds I. zu längerem Aufenthalt nach Innsbruck kam. Sein kaiserlicher Schwager ernannte ihn wenig später zum Gubernator. Sein Sohn Leopold, der in der Hofburg am 11. September 1679 das Licht der Welt ei'blickt, wird der Vater des Gemahls der Kaiserin Maria Theresia, Franz von Lothringen. Kulturmetropole Innsbruck Für die Stadtgeschichte sind zwei Ereignisse von nach¬ haltendem Werte, nämlich die Errichtung eines Theaters 1627 und der Universität 1669/70. Erzherzog Leopold ließ durch seinen Hofbaumeister Christoph Gumpp aus einem Ballspielhaus am Rennweg ein Operntheater erbauen, das sich freilich bald als viel zu groß erwies. Es ist dies die heute abgebrannte Dogana. Erzherzog Ferdinand Karl (1648—61) ließ 1653 ein kleineres an der Stelle des jetzi¬ gen Stadttheaters errichten. Nachdem mit dem unerwarteten Ableben des Erz¬ herzogs Sigmund Franz im Juni 1665 die in Tirol regie¬ rende habsburgische Seitenlinie ausstarb, drohte der Stadt durch die Auflassung des Hofes ein empfindlicher wirt¬ schaftlicher Rückschlag. Da bewilligte Kaiser Leopold I. im Jahre 1669 die Errichtung einer Universität. Die finanzielle Grundlage hiefür sollte ein Aufschlag auf das Haller Salz bilden. Als 1674 die letzte der vier Fakul¬ täten, die Medizinische, eröffnet wurde, mehrten sich bereits die Klagen über die Faulheit der Studenten im Besuch der Vorlesungen. Die Universität, die zuerst in der Herrengasse untergebracht war, bezog erst 1776 die heute sogenannte „alte Universität“ (zwischen Volks¬ kunstmuseum und Jesuitenkirche). Am Beginn des 18. Jahrhunderts bereitete der Bayern¬ einfall des Sommers 1703 der Bevölkerung schlimme Tage. Am 25. Juni machte eine Abordnung der Stadt dem bereits in Hall eingezogenen Kurfürsten Max Ema- nuel ihre Aufwartung und bat ihn, „die Stadt Innsbruck und ihre Einwohner bei häuslichen Ehren zu erhalten und nicht zuzugeben, daß ihnen, als Unschuldigen, mit Raub, Mord und Brand zugesetzt werde“. Nachdem der Kurfürst sechs Tage lang in Mühlau gelagert hatte, war er am 2. Juli in Innsbruck eingezogen und hatte in der Hofburg Quartier genommen. Zur Erinnerung an den Abzug der Bayern am St.-Anna-Tag, dem 26. Juli, wurde die „Annensäule“ in der Neustadt errichtet; sie war be¬ reits nach drei Jahren fertiggestellt. Der festliche Empfang Kaiser Karls VI. im Herbst 1711 wurde durch die Widrigkeit der Witterung vereitelt. Das Feuerzeichen, das vom Bergisel her seine Ankunft an¬ kündigen sollte, wurde des nebelig trüben Wetters wegen von der Stadt aus nicht bemerkt, und so fuhr der Kai¬ ser, während die Bevölkerung aufgeregt seiner wartete, unbeachtet zur Hofburg. An den Staatskonferenzen, die der Kaiser in den folgenden Tagen abhielt, nahm auch Prinz Eugen von Savoyen, der beim Wirt zum Burg¬ riesen wohnte, teil. Die gotische St.-Jakobs-Pfarrkirche, die durch die vielen Erdbeben ziemlich gelitten hatte und der Be¬ völkerung schon als altmodisch erschien, wurde 1717 abgebrochen. Den Neubau leitete der Füssener Baumei¬ ster Johann Jakob Herkommer und sein Schwiegersohn Hans Georg Fischer. Der berühmte bayrische Maler Cos- mas Damian Asam malte sie aus, während sein Bruder Ägid die Stückarbeiten besorgte. Die kunstvolle Kanzel schuf der Bildschnitzer Nikolaus Moll. Im September 1724 wurde die Kirche geweiht. Das Landhaus wurde nach den Plänen Georg Anton Gumpps an der Stelle der alten Plattnerei in den Jahren 1725 bis 1730 errichtet. Die Wiltener Pfarrkirche — jetzt Basilika — wurde 1751—55 von Franz de Paula Penz völlig neu aufgebaut. Im Sommer 1765 erlebte Innsbruck wohl die prunk¬ vollste Feierlichkeit im Laufe seiner Geschichte, nämlich die Hochzeit Erzherzog Leopolds, des späteren Kaisers Leopold II., mit der spanischen Infantin Maria Ludovica. Die Kaiserin Maria Theresia, ihr Gemahl Franz von Lothringen, der Sohn Josef (Kaiser Josef II.) und die gesamte kaiserliche Familie nahmen daran teil. Die Stadt hatte große Vorbereitungen für einen würdigen Verlauf getroffen. Das Vorstadttor am Eingang in die Herzog- Friedrich-Straße wurde abgerissen, um den Hofkutschen die Einfahrt in die Altstadt zu erleichtern. Die frei¬ gewordenen Steine wurden später zum Bau der heutigen Triumphpforte verwendet. Die mit Unrat und stinkenden Tümpeln gefüllten Stadtgräben wurden aufgeschüttet, die Gassen gesäubert und ausgebessert. Die durch schlechtes Wetter beeinträchtigten Feste erfuhren ein ebenso trauriges wie unerwartetes Ende, als am 18. August Kaiser Franz vom Schlage getroffen in den Armen seines Sohnes, des Kaisers Josef II.. in der Hofburg verschied. Kaiserin Maria Theresia stiftete zur dauernden Erinnerung an das Ableben ihres geliebten Gemahls das adelige Damenstift, das noch im selben Jahre 1765 eröffnet wurde. Die erste Äbtissin, Erzher¬ zogin Elisabeth, eine Tochter der Kaiserin, erfreute sich als „kropfete Lisi“ bei der Bevölkerung größter Beliebt¬ heit. Von jenem Jahre 1765 an trug der Hofportier Johann Pusch fleißig eine Stadtchronik zusammen, die sein Sohn, der Archivregistrant Gottfried Pusch, bis 1865 weiter¬ führte. Annalen des Klosters Wilten und der Stadt hatte der Wiltener Chorherr Adalbert Tschaveller in der ersten