Innsbrucker*innen

Adressbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert

vorhergehende ||| nächste Seite 19 Buch 1953
   
Neue Suche:
   


Volltext dieser Seite

1
Chronik und Statistik
7
Dr. Anton Eder, geboren am 9. April 1868 in Brixen am Eisack, gest. am 15. September 1952 in Innsbruck.
1923—1925 Dr. Eder, der Sohn eines Buchhändlers, studierte am Gymnasium in Brixen a. E. und an der Universität Inns¬
1925—1929 bruck. Er übte seinen Beruf als Rechtsanwalt in Innsbruck aus. Im Jahre 1914 wurde er als Vertreter der
deutsch-freiheitlichen Partei im zweiten Wahlkörper in den Gemeinderat gewählt, ab dem Jahre 1919 gehörte er
als Mitglied der Großdeutschen Volkspartei dem Gemeinderat an und war mehrere Jahre Obmann der Dienst¬
und Rechts-Sektion sowie Mitglied einer Reihe von Gemeinderats-Sektionen bzw. -Ausschüssen. 1921 wurde
Dr. Eder in den Stadtrat entsandt. Nach dem Rücktritt des Ehrenbürgermeisters Greil wählte der Gemeinderat
Dr. Eder am 12. 6. 1923 zum Bürgermeister und erneuerte diese Wahl am 15. 5. 1925. Mit der Wahl des Ge¬
meinderates im April 1929 schied Dr. Eder aus dem Gemeinderat aus.
In Verwirklichung des Planes seines Vorgängers gründete Dr. Eder unter Führung der Stadt Innsbruck zusam¬
men mit einer Finanzgruppe im Jahre 1924 die Tiroler Wasserkraftwerke-AG, an deren Spitze er berufen wurde.
Unter seiner Führung wurde das Achenseekraftwerk, das bisher größte Speicherwerk Österreichs, erbaut und im
Jahre 1927 in Betrieb gesetzt. Den Interessen des Fremdenverkehrs diente die Stadt durch die Erbauung der
Innsbrucker Nordkettenbahn (1928). In seine Amtszeit fallen ferner: der Ausbau des Sillwerkes, die Erbauung
des Hochhauses als Verwaltungsgebäude der Stadtwerke, des Hallenbades und des Dampfbades, der früheren
städtischen Molkerei, die Erweiterung und Verbesserung des Westfriedhofes, die Errichtung des Sportplatzes
an der Sill, der Skisprungschanze am Berg Isel, des Flughafens in der Reichenau und der Neubau zweier Brük¬
ken über die Sill. Die Schulfreundlichkeit und soziale Gesinnung bewies Dr. Eder durch die Förderung, die er der
Errichtung der Frauenberufsschule im Ferraripalais, der Schulzahnklinik, der Schulbäder und der Mütterbera¬
tungsstellen angedeihen ließ. Die drückende Wohnungsnot suchte er durch Erstellung von Wohnhausblocks beim
Schlachthof, in der Pembaur- und Amthorstraße und in der Mandelsbergerstraße zu mildern; der Unterbringung
Obdachloser diente die in der Hunoldstraße erbaute städtische Herberge.
Dr. Eder zeichnete neben seiner juristischen Begabung ein ausgesprochener Sinn für Gerechtigkeit, soziales Han¬
deln und für eine wahrhaft demokratische Verwaltung aus. Im Jahre 1951 erlitt er einen schweren Verkehrs¬
unfall, von dessen Folgen ihn am 15. 9. 1952 der Tod erlöste.
Während seiner Amtsperiode waren Hans Untermüller und Franz Fischer Bürgermeister-Stellvertreter.
Franz Fischer, geboren am 1. November 1887 in Innsbruck, gestorben am 14. April 1943 in Innsbruck.
1929—1935 Franz Fischer kam als Angehöriger der Christlichsozialen Partei, welche später in Tirol den Namen Tiroler Volks¬
1935—1938 partei annahm, 1919 in den Gemeinderat. 1923 wurde er zum Bürgermeister-Stellvertreter und 1929 zum Bürger¬
meister gewählt.
Während er als Bürgermeister-Stellvertreter sich besonders mit den Angelegenheiten der Verkehrssektion, des
Sportes, der Innsbrucker Messe und mit den Versorgungsangelegenheiten befaßte, mußte er sich kurz nach sei¬
ner Wahl zum Bürgermeister mit den Folgeerscheinungen der Weltwirtschaftskrise befassen. Der Zusammen¬
bruch der Creditanstalt, die 100-Mark-Sperre sowie späterhin die 1000-Mark-Sperre stellten ihn infolge der
finanziellen Auswirkungen auf die Stadtgemeinde vor schwere Entscheidungen. Nach den Februarereignissen
1934 wurde der Gemeinderat aufgelöst und Franz Fischer als Regierungskommissär bestellt. Der 1935 ernannte
Gemeindetag wählte ihn neuerlich zum Bürgermeister, von welchem Amte er am 12. 3. 1938 enthoben wurde.
Zur Kriegsdienstleistung nach Salzburg einberufen, starb er in Innsbruck am 14. 4. 1943; die große Beteiligung
der Bevölkerung an seinem Begräbnis zeugte für seine Beliebtheit.
Aus seiner Tätigkeit seien hauptsächlich angeführt: Neuorganisation der Stadtbehörden, Erlassung einer Dienst¬
vorschrift, Aufnahme einer Anleihe von 30 Millionen Schweizerfranken zur Konvertierung der kurzfristigen Kre¬
dite, Bau der Sieglanger- und der Lohbachsiedlung. Die Doppelhauptschule in Pradl, die Universitätsbrücke und
die neue Mühlauer Brücke an Stelle der alten Kettenbrücke wurden mit seiner tätigen Mithilfe erbaut bzw.
begonnen.
Infolge der politischen Verhältnisse wurde 1936 mit der Errichtung einer Polizeidirektion in Innsbruck das
Polizeiwesen und damit die Erhaltung von Ruhe und Ordnung im Stadtgebiete vom Bunde übernommen.
In der langen Reihe der Innsbrucker Bürgermeister ist Franz Fischer sicher derjenige, dem es gelang, durch seine
liebenswürdige, allen Beschwerden und Klagen zugängliche Art und durch seine persönliche Anteilnahme an
dem Geschicke auch des letzten Bürgers seiner Stadt sich einen Platz im Herzen der Innsbrucker Bevölkerung
weit über seinen Parteikreis hinaus zu sichern.
Während seiner Amtsperiode waren Bürgermeister-Stellvertreter: Bis 1934 Hans Untermüller und Dr. Walther
Pembaur; 1935—1938 Adolf Platter.
Dr. Egon Denz, geboren am 23. November 1899 in Schwarzenberg, Vorarlberg.
1938—1945 Mit der Besetzung Österreichs durch das Deutsche Reich wurde am 13. März 1938 Rechtsanwalt Dr. Egon Denz
(1933 als Gemeinderat der NSDAP gewählt) als Bürgermeister der Stadt Innsbruck bestellt.
In seine Verwaltungszeit fiel die Eingliederung der Vororte Hötting, Mühlau, Amras, Arzl, Vill und Igls; der Neu¬
bau des Rathauses in der Fallmerayerstraße, die Fusion des Elektrizitäts-, Gas- und Wasserwerkes sowie der
Nordkettenbahn und Stadtgärtnerei in den Stadtwerken, die Erwerbung der Aktienmehrheit der Lokalbahn
Innsbruck—Hall i. T. und der Patscherkofelbahn-A. G., die Gründung der Innsbrucker Verkehrsbetriebe A. G., die
Umwandlung des großen Teiles der Schweizerfrankenanleihe in Inlandwährung, die Entziehung der Mehrheit
der Aktien der Tiroler Wasserkraftwerke A. G. durch deutsche Reichsgesellschaften, die Aufführung großer
Wohnhausbauten für die infolge des Hitler-Mussolini-Abkommens nach Innsbruck umgesiedelten Südtiroler
Familien und der Beginn der Stollenbauten im Quellgebiete des Wurmbaches.
Als im Herbst 1943 Dr. Denz mit Aufgaben in Südtirol und den angrenzenden italienischen Gebieten betraut
war, übernahm Bürgermeister-Stellvertreter Edmund Christoph seine Vertretung in Innsbruck.
In seine Amtszeit fällt das leidvolle Geschick der Stadt und seiner Bewohner; ab Dezember 1943 erlitt die Stadt
durch 22 Luftangriffe schwere Verluste an Menschen (498 Todesopfer) sowie den Verlust von über 2000 Woh¬
nungen und größere Schäden an öffentlichen Gebäuden und Versorgungsunternehmungen aller Art.
Dr. Anton Melzer, geboren am 6. März 1898 in Innsbruck, gestorben am 12. März 1951 in Innsbruck.
1950 Dr. Melzer besuchte das Gymnasium in Brixen und die Universität in Innsbruck, an der er 1922 zum Doktor der
1950—1951 Rechte promovierte. Im Ersten Weltkrieg verlor er an der Isonzofront (1917) den linken Arm. Zunächst bei der
Invalidenentschädigungskommission tätig, wurde er schließlich Landesregierungsrat. Von 1935—1938 gehörte
Dr. Melzer dem Innsbrucker Gemeindetag an. Nach dem Umsturz von 1938 wandte er sich, aus seinem Amte
entfernt, dem kaufmännischen Beruf zu. Ende 1943 wegen politischer Tätigkeit verhaftet, blieb er bis zum Zu¬
sammenbruch im Mai 1945 in Haft. Beim Einmarsch der amerikanischen Truppen übernahm Dr. Melzer, zuerst
provisorisch, das Amt des Bürgermeisters, das ihm auch durch die Wahlen von 1946 und 1950 neuerlich zufiel.
In den sechs schweren Nachkriegsjahren gelang es Dr. Melzer, ein günstiges Verhältnis zu den Besatzungsmäch¬