Innsbrucker*innen

Adressbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert

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I 45
rung durch Großadmiral Dönitz bekannt.
Im Gefängnis des Landesgerichtes geht
die Entlassung Gefangener weiter; dies¬
mal werden zirka 150 Militärhäftlinge,
die wegen Desertion, Urlaubsüberschrei¬
tung u. dgl. schwere Strafen zu erwarten
hatten, enthaftet.
2. Der ferne Geschützdonner aus der Gegend
des Oberinntales kommt immer näher.
In der Stadt kommt es zu Plünderungen
von Geschäften und Magazinen durch
verschiedene Elemente.
Die Widerderstandsbewegung fordert von
Gauleiter Hofer die bedingungslose Uber¬
gabe der Verwaltung; Hofer ist ver¬
handlungsbereit, die Widerstandsbewe¬
gung lehnt jede Verhandlung ab.
Hofer hält seine letzte Rundfunk¬
ansprache, in der er nochmals zur Ver¬
teidigung des „Landes im Gebirge“ auf¬
ruft, aber erklärt, daß Innsbruck kampf¬
los übergeben werden soll.
Die Befehlsstelle des deutschen Vertei¬
digungskommandanten von Tirol auf der
Hungerburg wird von der militärischen
Gruppe der Widerstandsbewegung aus¬
gehoben; die Kasernen werden besetzt,
als sich die Meldungen über das Heran¬
nahen starker SS.-Verbände häuften,
aber wieder geräumt. Beim Rumer Lager
Geplänkel mit SS.-Truppen.
3. Erneute Besetzung der Kasernen durch
die Widerstandsbewegung. Bildung eines
Exekutivausschusses der Widerstands¬
bewegung unter dem Vorsitz Dr. Karl
Gruber mit folgenden Mitgliedern: Prof.
Dr. Gamper, Oberstaatsanwalt Dr. Grü¬
newald, Rechtsanwalt Dr. Höflinger,
Dipl.-Ing. Anton von Hradetzky, Kran¬
kenkassenbeamter Hüttenberger, Hofrat
Dr. Kundratitz, Univ.-Professor Doktor
March, Regierungsrat Dr. Melzer, Land¬
wirt Muigg, Univ.-Professor Reut-Nico¬
lussi, Buchdrucker Thurner, Doktor
Weißgatterer, Tierarzt, Schriftleiter
Fritz Würthle, Vizeleutnant Zechner.
Dr. Gruber verlangt die Ubergabe der
Polizeistreitkräfte an den Ordnungsaus¬
schuß der Widerstandsbewegung. Die
Forderung wird angenommen. Dr. Jun¬
ger übernimmt die Polizeidirektion. Eine
Gruppe ausgewählter Polizeibeamter
besetzt den Sender.
Eine kleine Gruppe der Widerstands¬
bewegung mit Dr. Karl Gruber an der
Spitze nimmt vom Landhaus, nachdem
es Hofer kurz vorher verlassen hatte,
Besitz.
Um 14.30 Uhr wird die rotweißrote
Fahne gehißt.
Um 16 Uhr versucht eine SS.-Panzer¬
gruppe sich des Landhauses zu bemäch¬
tigen. Es gelingt, sie zu vertreiben und
das Landhaus zu sichern. Studienrat
Dr. Franz Mair fällt.
In der ersten Durchsage des besetzten
Senders wird eröffnet, daß ein Ordnungs¬
ausschuß die Regierungsgeschäfte über¬
nommen habe; die Bevölkerung wird
aufgefordert, Ruhe und Ordnung zu
halten und gegen Plünderungen einzu¬
schreiten.
In weiteren Sendungen wird eine fin¬
gierte Meldung über den Abschluß eines
Waffenstillstandes zwischen dem Alliier¬
ten Oberkommando und der deutschen
Südarmee verlautbart sowie die Kom¬
mandanten aufgefordert, sich der Wider¬
standsbewegung zu unterstellen.
Landesbauernführer Josef Muigg fordert
alle Erzeuger- und Verteilerbetriebe auf,
keine landwirtschaftlichen und sonstigen
Erzeugnisse entgegen den bisherigen ge¬
setzlichen Bestimmungen abzugeben.
Den Bürgermeistern wird die Sorge um
die Erhaltung der auf dem Lande be¬
findlichen Ausweichlager zur Pflicht ge¬
macht.
Am Abend marschieren die ersten ame¬
rikanischen Truppen kampflos in Inns¬
bruck ein. Die Häuser sind, soweit solche
Fahnen vorhanden waren, in den Tiroler
und österreichischen Farben beflaggt.
Der amerikanische Kommandant, Major
Shelden D. Elliott, wird beim Landhaus
vom provisorischen Regierungsausschuß
der Widerstandsbewegung empfangen,
Prof. Dr. Reut-Nicolussi spricht denk¬
würdige Worte.
Noch während des Einmarsches erscheint
die erste Ausgabe der „Tiroler Nachrich¬
ten“, in der die alliierten Streitkräfte
begrüßt werden.
In der Nacht rollen die schweren Panzer¬
kolonnen ein.
4. Die Besatzungstruppen — zumeist Ange¬
hörige der Texas-Division, die durch
einen Kaktus am Oberarm gekennzeich¬
net sind, und Negerabteilungen — be¬
schlagnahmten zahlreiche Privatwohnun¬
gen, besonders in den von den Bomben
verschonten Stadtvierteln Saggen und
Mühlau.
Die Militärregierung bezieht das Land¬
haus.
7. Regierungsrat Dr. Anton Melzer wird
vom amerikanischen Gouverneur Major
Gann zum Bürgermeister der Landes¬
hauptstadt ernannt.
Die ersten Erlässe der Militärregierung
werden angeschlagen. Für die Nacht wird
eine allgemeine Ausgangssperre ver¬
hängt; wer beruflich bei Nacht aus¬
gehen muß, erhält eine eigene Erlaub¬
niskarte.
Die Stadt darf nur in einem Umkreis
von wenigen Kilometern, verlassen wer¬
den. Die an den Stadtgrenzen aufgestell¬
ten Doppelposten verlangen Pässe und
lassen anfänglich die Bewohner der
Siedlungen und Berg-Isel-Villen nicht
in die Stadt oder heraus.
Die kommunistische Partei Österreichs
eröffnet im Sparkassa-Durchgang ein
Werbelokal, das wegen der dort aus¬
gehängten Tagesnachrichten stets von