Innsbrucker*innen

Adressbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert

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Lichtbild: Dr. Defner
Andreas=Hofer=Denkmal am Berg Isel
durchführte, hatte für jedes Faß 14 Vierer zu
geben. Für das immer wichtigere Fuhrwesen wurde
eine eigene „Ordnung der Rodfur“ mit 48 Punkten
aufgestellt. Darin wurde u. a. verfügt, daß jeder
Wagen im Ballhaus, dem Haus, in dem die Waren¬
Ballen niedergelegt und eingestellt werden konn¬
ten, für die erste Nacht 1 Kreuzer zu zahlen hatte
und der Frachtwagen, den das Stadtspital stellte,
immer als erster aufzuladen sei.
Kulturgeschichtlich von allgemeiner Bedeutung
ist der große Hexenprozeß vom Jahre 1485, den
der berüchtigte Dominikaner Heinrich Institoris
veranstaltete, der in seinem 1487 erstmals heraus¬
gegebenen „Hexenhammer“ (Malleus Maleficarum)
die Regeln aufstellte, nach denen in der Folgezeit
eine Unzahl unglücklicher Menschen den grausam¬
sten Martern ausgeliefert wurden. Allein im
Monat August 1485 spürte Institoris in Innsbruck
und der nächsten Umgebung der Stadt mehr als
40 der Hexerei Verdächtige (fast durchwegs weib¬
lichen Geschlechtes!) auf. Im ersten Verhör vom
9. August wurde z. B. die Kleuberin aus Hötting
beschuldigt, ihren eigenen Sohn durch dreimaliges
Fasten an Sonntagen getötet zu haben, weil er
gegen ihren Willen ein Weib nahm, und die
Swingelmentlin war angeklagt, sogar den Barbier
des Erzherzogs verzaubert zu haben.
Im Jahre 1490 übernimmt König Maximilian —
seit 1508 Kaiser — die Regierung Tirols, jene her¬
vorragende Persönlichkeit, welche am übergange
des Mittelalters zur Neuzeit die Stadt Innsbruck
um ihre wertvollsten Kunstdenkmäler bereichert.
Um die Jahrhundertwende schafft er durch seinen
Hofbaumeister Nikolaus Türing das goldene Dachl
in seiner heutigen Form, vermutlich als ein
Ruhmeszeichen für die Entwicklung des Hauses
Habsburg, und bald danach entwickelt er die eigen¬
artigen Ideen für sein prächtiges Grabdenkmal
mit dem Kreis eherner Ahnenstatuen. Zweifellos
eröffnet Maximilian für Innsbruck und Tirol ein
neues Zeitalter. Kein Geringerer als Albrecht
Dürer hinterläßt ein Bild der Stadt aus dieser Zeit.
Die ersten zwei Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts
beherrscht Maximilians Wirken und auch während
der Regierungszeit seiner Nachfolger, Erzherzog
Ferdinand I., der für Maximilians Grabmal eigens
die Hofkirche erbauen läßt, und dann Erzherzog
Ferdinand II., der sich die schöne Welserin zur Frau
holte, bleibt sein Geist noch spürbar. Innsbruck
erlebt eine Blütezeit für die Kunst; der Prunk
ausländischer Fürstenhöfe findet Nachahmung. Die
Pflege der Wissenschaften freilich hält damit nicht
Schritt. Der weitberühmte Arzt Theophrastus
Paracelsus findet am Hofe seiner ärmlichen Klei¬
dung wegen kaum Beachtung und zieht verärgert
weiter. Die große Religionsspaltung und der
Bauernaufstand verschonen auch Tirol nicht. Als
Folgen davon zeigt sich eine Verrohung des Volkes
und auch die Geistlichkeit, bei der das Konkubinat
ein verbreitetes übel ist, läßt viel zu wünschen
übrig. Der Beichtvater der Philippine Welser,
namens Gampasser, ein bei Hof gewiß gewichtiger
Mann, steht bei seinem Bischof in einem solchen
Ruf, daß dieser seine Ernennung zum Pfarrer von
Innsbruck verhindern will. Im Stifte Wilten
wird durch eine leichtfertige Wirtschaft wertvoller
Klosterbesitz verschleudert. Der Innsbrucker Apo¬
theker Villinger nimmt den neuen Glauben an,
dem auch der Arzt Dr. Joh. Merl zugetan ist. Der
Wiedertäufer Nikel Grünerbühler wird in Inns¬
bruck ergriffen und dem Feuer übergeben. 1562
beginnen die Jesuiten hier ihre Tätigkeit und ein
Jahr später kommen die Franziskaner in die
Stadt. Am 17. Jänner 1567 zieht Erzherzog Fer¬
dinand II. mit großem Pomp auf einem weißen
Zelter unter einem Himmel, den junge Adelige
tragen, ein. Erst ein Monat später empfängt er die
Stadtobrigkeit zur Begrüßung, die ihm ein ver¬
goldetes silbernes Trinkgefäß in der Form eines
Adlers, der das Stadtwappen zeigt, verehrt.
Die bereits weitverbreitete Kunst des Buch¬
druckes wurde in Innsbruck erst um 1550 ein¬
geführt, als sie die Regierung vorzüglich zum
Zwecke der Herausgabe ihrer Mandate dringend
benötigte und den Buchbinder Ruprecht Höller an¬
stellte. Dieser druckte 1558 auch den Tiroler Land¬