Innsbrucker*innen

Adressbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert

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VIII
den Löwen mit der anschließenden Gründung der
Stadt München im Jahr 1158 mögen ihm dazu
Ansporn und Beispiel gewesen sein. Wohl von
Seite des Grafen war inzwischen neben der Fähre
auch eine Brücke erbaut worden. Er erreichte
schließlich sein Ziel zweifellos durch die Hilfe seines
Bruders Otto, der eine zeitlang den Brixner
Bischofsstuhl inne hatte. Im Jahre 1180 willigte
das Stift in einen Grundtausch ein. Der Andechser
erhielt am rechten Innufer zum Zwecke — wie es
in einer alten übersetzung des lateinischen Ver¬
trages heißt — „daz wir unsern Markt über di
Prukk in daz Aigen, daz nahen pei dem Gotzhaus
gelegen ist, leten“ (— legten), ein größeres Stück
Land, für das er dem Stifte ein gleich großes in
Amras überließ. überdies durfte das Kloster drei
Häuser im Markte besitzen, erhielt alljährlich am
Martinstage eine Mark aus dem Marktzoll und
hatte allein das Recht, Getreide zu mahlen und die
Seelsorge zu betreuen. Auch „daz Urfar dez
Wazzers“, d. i. die überfuhr mit den Landeplätzen,
verblieb dem Stifte. Beim Abschlusse des Vertrages
war der Richter Bernhard Phenning und mehrere
Leute des Marktes zugegen. Die gute Nachbarschaft
zwischen Markt und Stift dauerte jedoch nicht
lange. Die Gründe am Sakken, welche die Leute
von Wilten umzäunt und bebaut hatten, waren
von den Kaufleuten des Marktes, die sie als ge¬
meinsame Weide benützen wollten, vernichtet wor¬
den. 1187 mußte Bertold IV., Markgraf von Istrien
und Herzog von Meranien, den Streit schlichten.
Auch den Vertrag seines Vaters bekräftigte er
neuerdings gemeinsam mit seinen Söhnen Ekbert,
Otto und Heinrich.
Das neu erworbene Gebiet, die Altstadt, war
nicht besonders umfangreich. Von der Innbrücke
verlief die Grenze zuerst ein kurzes Stück flu߬
aufwärts, dann in einem weiten Bogen dem heu¬
tigen Markt= und Burggraben entlang, lag bei der
jetzigen Hofburg etwas nördlicher zurück und er¬
reichte durch die Herrengasse wieder das Innufer
und weiter die Brücke. Die Flußseite der Stadt
war etwa 300 Meter lang, die Verbindung von der
Brücke zum Sakken=Tor am Ende der Hofgasse 270.
Der alte Markt am linken Innufer wurde zu den
Stadtteilen Mariahilf und St. Nikolaus. Die Häuser
gegen Mariahilf hießen auch Obere=Anbruggen, die
flußabwärts gelegenen Untere=Anbruggen.
Im 13. Jahrhundert wurde der Aufbau der Alt¬
stadt so rasch betrieben, daß gerade 100 Jahre nach
ihrer Erwerbung Graf Meinhard II. bereits wei¬
tere Grundstücke für eine Neustadt (die heutige
Maria=Theresien=Straße) vom Stifte Wilten ein¬
tauschen mußte. Die Häuser waren, wie ver¬
heerende Brände (z. B. 1292) vermuten lassen, zu¬
meist aus Holz gebaut. Die Brücke wurde mit
Turm und Tor geschützt und überdies bauten die
Andechser knapp daran ihr festes Haus, die so¬
genannte Ottoburg (an der Stelle der jetzigen Inn¬
kaserne!). Weitere Tortürme und Mauern mit
Wehren schützten albald die ganze Stadt. Die
landesfürstlichen Raitbücher berichten seit dem
Ende des 13. Jahrhunderts mehrfach von ihren
Reparaturen. Die Anlage der Altstadt soll nach
dem in Österreich verbreiteten Schema des so¬
genannten Inn=Salzach=Typs, bei dem eine durch¬
laufende, zum Markt verbreiterte Hauptstraße,
von der die schmalen Nebengassen rechtwinklig
abzweigen, vorhanden ist, die Kirche meist abseits
auf einem stillen Platze steht und der Grundriß
ein längliches Oval darstellt, ausgeführt worden
sein (nach H. Bobek). Um das Jahre 1300 war das
Stadtbild Innsbrucks der Hauptsache nach bereits
so vorgezeichnet, wie es bis in das 20. Jahrhun¬
dert blieb. Die Bewohner der Stadt, hauptsächlich
aus der Umgebung und dem nahen Bayern zu¬
gewandert, fanden in dem immer mehr zunehmen¬
den Waren=Durchzugsverkehr allerlei Verdienst¬
möglichkeiten. Der vorgeschriebene Wechsel der
Frachtfuhrwerke erforderte Leute für die Waren,
Wägen und Pferde. Auch Gasthäuser waren dabei
vonnöten und der Südtiroler Wein bildete ein er¬
trägliches Handelsobjekt.
Am 9 Juni 1239 übergab Herzog Otto VIII., der
letzte Andechser, den Bürgern von Innsbruck ein
geschriebenes Recht, „wie es von unsern Vorfahren
nach Erbrecht bis auf diese Zeiten auf uns gelangt
ist“ Damit besaß Innsbruck zweifellos den Cha¬
rakter einer Stadt. Da sich die Gelehrten auf
keinen früheren Zeitpunkt einigen konnten, zu
dem Innsbruck sicher eine „Stadt“ war — eine
Stimme wollte schon das Jahr 1180 dafür an¬
nehmen — so beschloß man, um jeden Zweifel aus¬
zuschließen, die Jahrhundertfeier auf das Datum
dieser Urkunde, der ältesten des Stadtarchives, zu
beziehen. Dieses Stadtrecht von 1239 enthält zu¬
nächst handelspolitische Bestimmungen über die
Waren=Niederlage und die Zollfreiheit. Danach
sollte nirgends zwischen Melach und Ziller außer
in Innsbruck eine Niederlage der Waren statt¬
finden, d. h. nur hier durften die Waren abgeladen
und auf neue Wagen zur Weiterlieferung bis zum
nächsten Niederlagsorte aufgeladen werden. Wei¬
ters folgen Anordnungen über die Weidegemein¬
schaft, die Richter und Gerichtsboten Wahl, die
Auflage einer Steuer und die Pfändung. An¬
schließend werden die Strafsätze für strafrechtliche
Vergehen, wie für Tötung, Lähmung, fließende
Wunden usw. festgelegt. Das Ende bilden privat¬
rechtliche Verfügungen über die Ersitzungsfrist,
die Erwerbung des Bürgerrechtes und die letzt¬
willigen Verfügungen.
An einer Urkunde des Jahres 1267 ist erstmals ein
eigenes Siegel der Bürgerschaft erhalten; es zeigt
die Innbrücke mit drei Jochen (oder Steinkästen) in
der Aufsicht und die Umschrift: „sigillum eivium
civitatis in Insprukke“. Seit dem 14. Jahrhundert
zeigt das Siegelbild nur mehr zwei Steinkästen.