395 Aebergangs= und Vollzugsbestimmungen. § 34. Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden auf die zur Zeit des Eintrittes seiner Wirksamkeit bestehenden Dienstverhältnisse Anwendung. § 35. Dieses Gesetz tritt am 1. Mai 1920 in Wirk¬ samkeit. Die an diesem Tage bei politischen Behörden bereits anhängigen Streitigkeiten (§ 31) sind von ihnen nach den bisher geltenden Vorschriften zu erledigen. Mn. Nöschnitt. Vorschriften für Theaterbesucher. Bei Strafe ist verboten: 1.) Das Mitnehmen von Stöcken und Schirmen in den ebenerdigen Zuschauerraum des Stadttheaters; 2.) Das Tragen von Damenhüten auf allen Sitz= und Stehplätzen des ebenerdigen Zuschauerraumes und der Galerie des Stadttheaters; 3.) Das Einnehmen der Sitzplätze im ebenerdigen Zuschauerraum des Stadttheaters nach Aktbeginn, bei Operetten und Opern auch nach Beginn der Ouvertüre. (Magistrats=Kundmachung vom 28. 9. 1906, 7. 10. 1908 u. 23.10. 1908.) I2. Noschmlt. Vorschriften zur Wahrung der körperlichen Sicherheit und Hintanhaltung von Gesundheitsschädigungen. 1.) Damenhutnadeln. Das Tragen von unversicherten Damenhutnadeln wird bei Strafe verboten. (Mag.=Kdm. vom 16. 5. 1913, Zl. 7976.) 2.) Stacheldrahtzäune. Stacheldraht darf bei Einfrie¬ dungen nur verwendet werden, wenn er entweder a) in einer Höhe von mindestens 2 Meter oder b) an der dem öffentlichen Wege abgekehrten Seite eines natürlichen (lebenden) Zaunes oder c) über aus anderem Material hergestellten Zäunen von mindestens 1,30 m auf der dem öffentlichen Wege oder Platze abgekehrten Seite, in einem horizontalen Ab¬ stande von mindestens 15 cm von dem Wege angebracht wird. Uebertretungen dieser Vorschrift werden mit Strafen in der Höhe des jeweils gesetzlichen Ausmaßes geahndet. (Magistrats=Kundmachung vom 28. 10. 1913, Zl. 14322, § 5 der Tiroler Straßen¬ Polizeiordnung vom 18. 12. 1923, LGBl. Nr. 6 ex 24; § 18 des Bundesstraßengesetzes vom 8. 7. 1921, BGBl. 387.) 15. Abschnitt. Jugendschutzgesetz. (Verordnung der Landesregierung von Tirol vom 2. 4. 1921, LGBl. Nr. 45 bezw. Ver¬ ordnung des Landeshauptmannes von Tirol vom 27. 7. 1925, LGBl. 38.) § 1. Die Jugend, die unter den Schutz der Verordnung gestellt ist, umfaßt Kinder bis zum vollendeten 14. und Jugendliche bis zum vollendeten 16. Lebensjahr. § 2. Kindern ist das Rauchen verboten. Ebenso ist der Einkauf von Tabakfabrikaten aller Art durch Kinder und Jugendliche, sowie der Verkauf von solchen an Kinder und Jugendliche verboten, es wäre denn, daß der Tabak¬ verschleißer begründeterweise annehmen kann, daß es sich nur um einen Einkauf im Auftrage der Eltern, Er¬ zieher oder des Lehrherrn handle. § 3. Das Herumstreifen von Kindern und Jugendlichen auf den Straßen, Plätzen, Parks und anderen öffent¬ lichen Orten nach Einbruch der Dunkelheit ist verboten. § 4. Kindern ist das Verweilen in öffentlichen Gast¬ stätten mit Einschluß von Schänken, Automaten, Restau¬ rants usw. nur in Begleitung verläßlicher erwachsener Personen gestattet. Nach 9 Uhr abends dürfen Kinder und Jugendliche weder in Begleitung Erwachsener, noch allein in solchen Lokalen verweilen. Dieses Verbot erstreckt sich nicht auf das Einkehren bei Wanderungen, Ausflügen oder Reisen zur Einnahme von Mahlzeiten und Erfrischungen und auf den Besuch des tändigen Kosthauses zur regelmäßigen Einnahme von Mahlzeiten. Die Verabreichung von alkoholischen Ge¬ tränken an Kinder und Jugendliche ist verboten. (B. G. vom 7. 7. 1922, BGBl. Nr. 448.) Es ist verboten, Kinder zum Einkaufen oder Abholen gebrannter geistiger Getränke aus Gasthäusern oder Branntweinschenken (Kleinverschleißstätten) zu verwen¬ den. § 5. Kindern und Jugendlichen ist jedweder Besuch von Varietees, Singspielhallen, Zirkussen und ähnlichen Dar¬ bietungen mit und ohne Begleitung Erwachsener ver¬ boten, außer wenn die Vorstellung von einer zum Jugendschutz bestellten Zensurstelle für Kinder und Jugendliche für geeignet erklärt wurde. Ebenso ist die Teilnahme an öffentlichen Tanzunterhalten verboten. Der Besuch von Tanzschulen und deren Veranstaltun¬ gen ist Kindern und Jugendlichen nur nach Maßgabe der Verordnung des Landeshauptmannes vom 1. 12. 1924, LGBl. Nr. 54 gestattet. Der Besuch des Theaters ist Kindern, mit Ausnahme bei Kindervorstellungen, überhaupt verboten. Jugendlichen ist der Theaterbesuch nur in Begleitung der Eltern oder anderer vertrauenswürdiger erwachsener Personen ge¬ stattet. Bezüglich der Mitwirkung einzelner Schulkinder an öffentlichen Schaustellungen, Theatervorstellungen und Konzerten gelten die Bestimmungen des § 79 der Schul¬ und Unterrichtsordnung. § 6. Kindern ist jedes Spiel mit Karten oder um Geld an öffentlichen Orten unter allen Umständen verboten. Bei Ueberschreiten des Verbotes unterliegen Karten, Geld und Spielzeug dem Verfalle. § 7. Es ist verboten, den Kindern und Jugendlichen entgeltlich oder unentgeltlich Druckschriften, bildliche Darstellungen oder andere Gegenstände abzugeben, wo¬ durch die jugendliche Einbildungskraft ungesund erregt und die Jugend sittlich gefährdet werden kann. Auch das Anpreisen und die öffentliche Schaustellung solcher Erzeugnisse in Auslagen der Verkaufsstätten ist ver¬ boten. § 8. Das Betteln von Kindern und Jugendlichen ist verboten. Die Verwendung von Kindern zum Verkaufe von Blumen, Ansichtskarten u. dgl. auf der Straße oder von Haus zu Haus ist verboten. Ausnahmen von diesem Verbot kann die politische Behörde erster Instanz fall¬ weise gestatten. § 9. Inhaber von Gast=, sowie von öffentlichen Vergnü¬ gungsstätten und Tabaktrafiken sind verpflichtet, in ihren Lokalen an einer dem Publikum sichtbaren Stelle unter der Aufschrift „Jugendschutz“ den Inhalt dieser Verord¬ nung angeschlagen zu halten. § 10. Uebertretungen der Vorschriften dieser Verord¬ nung werden an den Eltern, Vormündern, Begleitper¬ sonen, Gewerbetreibenden sowie sonstigen Personen, welche der Begehung von nach dieser Verordnung ver¬ botenen Handlungen von Kindern oder Jugendlichen Vorschub leisten, oder ihre Pflicht als Aufsichtspersonen vernachlässigen, wenn sie nicht nach anderen Gesetzen einer strengeren Strafe unterliegen, von den politischen Behörden mit Geldstrafen bis zu 5000 S oder mit Arrest bis zu 3 Monaten bestraft. Bei Wiederholung und gröblicher Vernachlässigung pflichtmäßiger Aufsicht können auch Geld= und Arrest¬ strafen nebeneinander verhängt werden. Die Verleitung, Duldung von unsittlichen Handlungen und Vorschubleistung hiezu unterliegt, soferne sie nicht nach dem allgemeinen Strafgesetz strafbar ist, der Be¬ strafung nach dieser Verordnung.