Innsbrucker*innen

Adressbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert

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trages verlangen. Wird der Hausgehilfe wegen eines
Verschuldens vorzeitig entlassen, so hat er Schadenersatz
wegen Nichterfüllung des Vertrages zu leisten.
§ 21. Wenn der Dienstgeber den Hausgehilfen ohne
wichtigen Grund vorzeitig entläßt oder wenn ihn ein
Verschulden an dem vorzeitigen Austritte des Hausge¬
hilfen trifft, so behält dieser, unbeschadet weitergehendem
Schadenersatzes, seine vertragsgemäßen Anspruche auf
das Entgelt für den Zeitraum, der bis zur Beendigung
des Dienstverhältnisses durch Ablauf der Vertragszeit
oder durch ordnungsmäßige Kündigung hätte verstreichen
müssen, unter Anrechnung dessen, was er infolge des
Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch an¬
derweitige Verwendung erworben oder zu erwerben beab¬
sichtigt versäumt hat. Soweit jedoch der obgenannte Zeit¬
raum 3 Monate nicht übersteigt, kann der Hausgehilfe
das ganze für diese Zeit gebührende Entgelt ohne Abzug
sofort fordern.
§ 22. Trifft beide Teile ein Verschulden an der vor¬
zeitigen Lösung des Dienstverhältnisses, so hat der Richter
nach freiem Ermessen zu entscheiden, ob und in welcher
Höhe ein Ersatz gebührt.
§ 23. Tritt ein Dienstgeber vor Beginn der Vertrags¬
zeit ohne wichtigen Grund vom Vertrag zurück oder tritt
der Hausgehilfe den Dienst ohne wichtigen Grund nicht
an, so sind die Bestimmungen der §§ 20 bis 22 sinn¬
gemäß anzuwenden.
§ 24. Ansprüche wegen vorzeitigen Austrittes, vor¬
zeitiger Entlassung oder Rücktrittes vom Vertrage im
Sinne der §§ 20 bis 23, müssen beim sonstigen Aus¬
chlusse binnen 6 Monaten nach Ablauf des Tages, an dem
sie erhoben werden konnten, gerichtlich geltend gemacht
werden.
Dienstzeugnis.
§ 25. Der Dienstgeber ist verpflichtet, bei Beendigung
des Dienstverhältnisses dem Hausgehilfen auf Verlangen
ein schriftliches Zeugnis über die Dauer und Art der
Dienstleistung auszustellen. Andere Angaben darf das
Zeugnis nicht haben.
Dienstkarte.
§ 26. 1.) Jeder Hausgehilfe muß mit einer Dienstkarte
versehen sein. Der Dienstgeber darf einen Hausgehilfen
nur nach Vorweisung der Dienstkarte in den Dienst
nehmen.
2.) Die Ausstellung der Dienstkarte obliegt der Ge¬
meindebehörde des Aufenthaltsortes.
3.) Die Dienstkarte hat das Lichtbild des Hausgehilfen
und seine Personaldaten zu enthalten. Sie ist kein Ge¬
genstand einer Stempel= oder unmittelbaren Gebühr.
4.) Die näheren Bestimmungen über Form und In¬
halt dieser Urkunde und über ihre Ausstellung werden
durch Verordnung getroffen.
5.) Dienstgeber, die einen Hausgehilfen ohne Dienst¬
karte in Dienst nehmen, werden von den politischen Be¬
hörden und in Orten, in denen sich eine Bundespolizei¬
behörde befindet, von dieser mit einer Geldstraße bis zu
200.000 Kronen oder mit Arrest bis zu 14 Tagen bestraft.
(Bundesgesetz vom 19. 7. 1923, StGBl. Nr. 101).
Sonderbestimmungen bei Leistung von Diensten
höherer Art.
§ 27. Für die unter § 2 fallenden Dienstnehmer, die
Dienste höherer Art leisten, gelten die nachstehenden Ab¬
weichungen von den Bestimmungen dieses Gesetzes:
a) Der Dienstgeber hat den Dienstnehmer nach Mög¬
lichkeit einen Wohnraum zur Verfügung zu stellen, in
dem er tagsüber seine freie Zeit ungestört und allein
zubringen kann.
b) Dem Dienstnehmer ist an jedem Tage, an dem ihm
nicht der Anspruch aus § 8, Abs. 1 oder 2 zusteht, eine
Ruhezeit (§ 7 „Abs. 1) von drei Stunden zu gewähren.
Eine andere Einteilung der darnach auf eine Woche
entfallenden Ruhezeit kann im gegenseitigen Einver¬
nehmen erfolgen.
c) Dem Dienstnehmer ist in jedem Jahr ein ununter¬
brochener Urlaub von zwei Wochen zu gewähren, wenn
das Dienstverhältnis ohne Unterbrechung ein Jahr und
von vier Wochen, wenn es ohne Unterbrechung zwei Jahre
gedauert hat. Eine Teilung des vierwöchigen Urlaubes
in zwei Abschnitte ist nach Vereinbarung zulässig.
Während des Urlaubes gebührt dem Dienstnehmer
neben den auf diese Zeit entfallenden Geldbezügen ein
Urlaubszuschuß, dessen Ausmaß je nach der Urlaubsdauer
das Einfache oder das Doppelte der monatlichen Geld¬
bezüge beträgt.
d) Die Kündigungsfrist ist 6 Wochen. Sie kann durch
Vereinbarung nicht unter einen Monat herabgesetzt wer¬
den und muß jedenfalls am 15. oder letzten eines Mo¬
nates enden.
e) Nach Kündigung sind dem Dienstgeber auf sein
Verlangen an vier Werktagen je vier Stunden zum Auf¬
suchen einer neuen Stellung ohne Schmälerung des Ent¬
geltes freizugeben. An diesen Tagen gebührt ihm an
Stelle der Ruhezeit nach Punkt b) eine Ruhezeit von
einer Stunde.
Anwendbarkeit auf andere Dienstnehmer.
§ 28. Die Bestimmungen der §§ 3, 4, 5, 9, 10, 11, 12,
15, 16, 18, 19, 20 bis 26 und 30 bis 34 finden auch auf
das Dienstverhältnis von Personen Anwendung, die, ohne
in die Hausgemeinschaft des Dienstgebers ausgenommen
zu sein, für die Hauswirtschaft des Dienstgebers an¬
gestellt sind, wenn ihre Erwerbstätigkeit durch dieses
Dienstverhältnis vollständig oder hauptsächlich in Anspruch
genommen wird.
Der Anspruch auf den Urlaubszuschuß (§ 9, Abs. 3)
steht diesen Dienstnehmern nur zu, wenn ihnen ver¬
tragsmäßig vom Dienstgeber Verpflegung zu leisten ist.
§ 29. Die im § 28 angeführten Bestimmungen mit den
aus § 27, Punkt c) und d) und § 28, Abs. 2 sich
ergebenden Abweichungen gelten auch für das Dienstver¬
hältnis für Personen, die, ohne in die Hausgemeinschaft
aufgenommen zu sein, zur Leistung von Diensten höherer
Art für die Hauswirtschaft des Dienstgebers oder für
Mitglieder des Hausstandes angestellt sind, wenn ihre
Erwerbstätigkeit durch dieses Dienstverhältnis vollstän¬
dig oder hauptsächlich in Anspruch genommen wird.
Zwingende Vorschriften.
§ 30. Die Rechte, die dem Dienstnehmer auf Grund
der §§ 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, Abs. 1, §§ 11, 12, 13, 15,
Abs. 3, §§ 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 27,
28 und 29 zustehen, können durch Vertrag weder auf¬
gehoben noch beschränkt werden.
Streitigkeiten.
§ 31. Für Streitigkeiten aus den in diesem Gesetze
geregelten Dienstverhältnissen sind die ordentlichen Ge¬
richte zuständig.
Für Klagen gegen den Dienstgeber ist auch das Gericht
des Ortes zuständig, an welchem zur Zeit der Einbrin¬
gung der Klage Dienste geleistet werden.
Durch Vollzugsanweisung können zur Austragung von
Streitigkeiten aus den in Abs. 1 bezeichneten Dienst¬
verhältnissen Einigungsämter errichtet und das Ver¬
fahren vor ihnen geregelt werden.
Geltung anderer Gesetze.
§ 32. Insoweit dieses Gesetz nicht etwas anderes be¬
stimmt, finden die Vorschriften des allgemeinen bürger¬
lichen Rechtes über den Dienstvertrag auf die in diesem
Gesetze geregelten Dienstverhältnisse Anwendung.
Auf ein Dienstverhältnis, das diesem Gesetz unterliegt,
finden die Bestimmungen der bestehenden Gesindeord¬
nungen keine Anwendung.
Aufsicht.
§ 33. Durch Vollzugsanweisung kann bestimmt werden,
in welcher Weise die Aufsicht über die Einhaltung der
durch dieses Gesetz geschaffenen Verpflichtungen geregelt
wird.