Innsbrucker*innen

Adressbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert

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Verkehrs= und straßenpolizeiliche Vorschriften.
295
4. Abschnitt
Führung der Kraftfahrzeuge.
§ 22.
Von der selbständigen Führung von Kraftfahr¬
zeugen sind solche Personen ausgeschlossen, die nicht
mindestens 18 Jahre alt sind.
Die selbständige Führung eines mehr als einspu¬
rigen Kraftfahrzeuges ist nur demjenigen gestattet,
der nach erbrachtem Ausweise seiner fachlichen Be¬
fähigung die behördliche Bewilligung hierzu (Führer¬
schein) erlangt hat. Diese Bewilligung kann ver¬
weigert werden, wenn solche Tatsachen vorliegen, die
die Annahme rechtfertigen, daß der Bewerber zum
Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist (zum
Beispiel körperliche Mängel, Neigung zur Trunk¬
sucht, schwere Delikte gegen die körperliche Sicherheit
und die Sicherheit des Eigentums).
S 23.
Die fachliche Befähigung zur Führung eines Kraft¬
fahrzeuges ist durch eine Prüfung darzutun.
Von der Ablegung dieser Prüfung sind die Füh¬
rer der dem Militärärar gehörigen Kraftfahrzeuge
dann befreit, wenn sie sich über ihre Befähigung durch
ein Zeugnis des Leiters des Automobilwesens im
k. u. k. Heere ausweisen.
S 24.
Zur Vornahme der Führerprüfung bestellt die po¬
litische Landesbehörde Prüfungskommissäre in der
erforderlichen Anzahl und bestimmt die Stelle, wo
um die Zulassung der Prüfung anzusuchen ist. Jeder
Gesuchsteller hat anzugeben, für welche Gattung, be¬
ziehungsweise Gattungen von Kraftfahrzeugen er die
Prüfung ablegen will.
Die Prüfung hat sich auf den Nachweis der Kennt¬
nis der für den Führer eines Kraftfahrzeuges ma߬
gebenden gesetzlichen und polizeilichen Vorschriften und
jener Kenntnisse der maschinellen Einrichtungen von
Kraftfahrzeugen zu erstrecken, welche zur sicheren Führ¬
ung eines Fahrzeuges der vom Gesuchsteller bezeich¬
neten Gattung, beziehungsweise Gattungen erfor¬
derlich sind. Außerdem ist im Wege einer Probefahrt
die praktische Fähigkeit zur Führung eines solchen
Fahrzeuges nachzuweisen.
Der Prüfungswerber hat, falls die Landesbe¬
hörde nichts anderes bestimmt, das zur Vornahme der
Probefahrten dienende Fahrzeug beizustellen. Fahr¬
zeuge, die infolge ihrer Konstruktion oder infolge
mangelhafter Instandhaltung eine sichere Beurteilung
der praktischen Kenntnisse des Prüfungswerbers nicht
ermöglichen, sind zurückzuweisen.
Ueber die mit Erfolg abgelegte Prüfung ist ein
Zeugnis auszustellen.
Hinsichtlich der Prüfungstaren gelten die Be¬
stimmungen des § 20.
§ 25.
Auf Grund der in den §§ 23 und 24 bezeich¬
neten Zeugnisse werden den Bewerbern über ihr
Ansuchen von der politischen Bezirksbehörde ihres
Wohnortes, oder, wenn ihr Wohnsitz im Rayon einer
landesfürstlichen Polizeibehörde gelegen ist, von dieser
die Führerscheine ausgestellt, falls nicht der Erteilung
ein Bedenken im Sinne des § 22 entgegensteht. In
jedem Führerschein ist anzugeben, auf welche Gattung,
beziehungsweise Gattungen von Fahrzeugen der Füh¬
rerschein sich bezieht. Der Führerschein ist mit der
Photographie des Berechtigten zu versehen.
S 26.
Macht sich der Inhaber eines Führerscheines sol¬
cher strafbarer Handlungen schuldig, die seine Ver¬
läßlichkeit als Führer eines Kraftfahrzeuges zu be¬
einträchtigen geeignet sind, so ist er von der politi¬
schen Bezirks=, beziehungsweise landesfürstlichen Po¬
lizeibehörde seines jeweiligen Aufenthaltsortes schrift¬
lich zu verwarnen.
Die bezeichnete Behörde kann den Führerschein
nach wiederholter fruchtloser Verwarnung oder ohne
vorherige Verwarnung dann entziehen, wenn Tat¬
sachen festgestellt werden, die die Annahme rechtfer¬
tigen, daß der Berechtigte zum Führen von Kraft¬
fahrzeugen ungeeignet ist.
Bei der Entziehung ist auszusprechen, ob sie für
eine bestimmte Zeit oder dauernd erfolgt, und im
zweiten Falle ob bei einer etwaigen Wiederbewer¬
bung die Prüfung neuerlich abzulegen ist.
Nach der Entziehung ist der Führerschein der Be¬
hörde abzuliefern.
S 27.
Der Führer eines aus dem Auslande kommenden
Kraftfahrzeuges ist von der Verpflichtung zur Er¬
wirkung des im § 22 vorgeschriebenen Führerscheines
dann befreit, wenn er einen gültigen internationa¬
len Fahrausweis (§ 38), in dem er als zur Führung
des Kraftfahrzeuges berechtigt eingetragen ist, besitzt.
Unter den gleichen Voraussetzungen, unter wel¬
chen nach § 26 der Führerschein entzogen werden
kann, kann jenen Führern, die nach vorstehendem Ab¬
satze von der Erwirkung eines Führerscheines befreit
sind, von der politischen Bezirks= beziehungsweise
landesfürstlichen Polizeibehörde ihres jeweiligen Auf¬
enthaltsortes der Betrieb ihres Fahrzeuges im In¬
lande untersagt werden.
Trifft die im ersten Absatze bezeichnete Voraus¬
setzung nicht zu, so ist der Führer eines aus dem
Auslande kommenden Kraftfahrzeuges, der keinen
hierländischen Führerschein besitzt, den Fall des § 42,
Alinea 2, ausgenommen, verpflichtet, längstens bin¬
nen acht Tagen einen solchen Führerschein zu erwir¬
ken. Innerhalb dieser Frist ist ihm das Fahrzeug
selbständig zu lenken nur so lange gestattet, als ihm
dies nicht aus sicherheitpolizeilichen Rücksichten durch
eine Verfügung einer politischen Bezirks= oder lan¬
desfürstlichen Polizeibehörde untersagt wird.
5. Abschnitt.
Kennzeichen der Kraftfahrzeuge.
S 28.
Die Kraftfahrzeuge müssen mit den von der Be¬
hörde bestimmten Kennzeichen versehen sein.
Um die Zuteilung des Kennzeichens haben die
Besitzer jener Kraftfahrzeuge, welche ihren Standort
im Inlande haben, bei der politischen Bezirksbehörde,
in deren Bezirk der Standort gelegen ist, wenn aber
der Standort sich im Rayon einer landesfürstlichen
Polizeibehörde befindet, bei dieser anzusuchen.
S 29.
Die Kennzeichen bestehen aus einem Buchstaben
in lateinischer Schrift und aus einer Zahl (Evidenz¬
nummer) in arabischen Ziffern.
Der Buchstabe bezeichnet das Land, beziehungs¬
weise den Rayon (§ 30), in welchem die Kennzei¬
chen ausgefolgt wurden, während die Zahl der Re¬
gisternummer im Evidenzverzeichnisse entspricht.