Innsbrucker*innen

Adressbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert

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Verkehrs= und straßenpolizeiliche Vorschriften.
291
Zutritt gestatten und zwar stets ungefesselt zu beför¬
dert.
Die Behälter dürfen nicht überfüllt werden, der
Boden derselben darf nicht durchbrochen und muß mit
reiner Streu bedeckt sein. Das Tragen von lebenden
Kleinvieh und Geflügel an den gefesselten Füßen
(Flügeln) in solcher Art, daß die Köpfe nach abwärts
hängen, sowie die Beförderung solcher Tiere in Säcken
ist unstatthaft. Außer der Beförderung in Behältern
ist nur das Tragen wagrecht am Arme zulässig und
kann in diesem Falle das Kleinvieh oder das Ge¬
flügel ausnahmsweise gefesselt werden, jedoch nur
mit weichen Bändern oder Tuchenden.
8.
Das Treiben von Vieh hat durch ein mit Rücksicht
auf die Stückzahl auf die Vertrautheit und das
Temperament der Tiere entsprechendes Personale zu
geschehen, mögen die Tiere freigetrieben werden oder
zusammengekoppelt sein.
Zur Koppelung sind starke Stricke oder Ketten
zu verwenden und sind dieselben den Tieren um
den Hals oder die Hörner zu legen, jedoch so, daß keine
Schnürungen vorkommen. Die Verwendung von
Hunden zum Treiben von einzelnen Kälbern ist un¬
tersagt. Ergibt sich die Notwendigkeit Fesselung, so
darf diese nicht derartt geschehen, daß die Tiere an der
Fortbewegung gehindert sind. Als Material zur
Fesselung haben breite Hanfbänder oder Stricke mit
unterlegten starken Tuchlappen zu dienen.
9.
Beim Viehtransport jeder Art ist für entspre¬
chend öfteres Füttern und Tränken der Tiere vorzu¬
sorgen. Schwer kranke oder marschuntüchtige, insbe¬
sonders mit unverheilten Knochenbrüchen behaftete
Tiere dürfen nicht getrieben und nur wenn geeignete
Transportmittel hiezu vorhanden, zum Zwecke der
Schlachtung in andere Orte überführt werden.
10.
Die Schlachtung der Tiere muß regelrecht auf
die schnellste Weise und mit Vermeidung jeder Ro¬
heit geschehen. Bevor nicht der Tod zweifellos ein¬
getreten ist, darf — gleichgiltig, um welche Art von
Schlachtvieh es sich handelt — mit der Hinrichtung
oder Aufarbeitung derselben (Abziehen der Haut,
Abbrühen der Schweine usw.) nicht begonnen werden.
Geflügel muß bis zur völligen Verblutung gehal¬
ten werden.
11.
Prozeduren Unberufener (Nicht=Tierärzte) an Tie¬
ren, wenn auch zur Erzielung eines Heilerfolges,
sind als Mißhandlung der Tiere strafbar, wenn sie
nach fachmännischem Gutachten zwecklos und geeignet
geeignet waren, dem Tiere Schmerzen oder Qualen zu
verursachen oder dessen Tod herbeizuführen.
12.
Das Abschneiden der Froschschenkel an lebenden
Tieren, ebenso wie jede andere Verstümmelung le¬
bender Frösche bei der Herrichtung derselben zum
Verkaufe ist untersagt.
13.
Die Wegnahme von Hunden sowie anderer Klein¬
tiere über behördliche Anordnung, gleichwie der Hun¬
defang bei den angeordneten Streifungen hat in
tunlichst schonungsvoller Weise, und wenn möglich,
unter Vermeidung der einfachen Drahtschlingen, nö¬
tigenfalls unter Aufsicht eines verläßlichen Organes
der betreffenden Gemeinde durchgeführt zu werden.
An Stelle der einfachen Drahtschlingen sind Leder¬
oder Kautschukschlingen oder Fangnetze, zum mindesten
aber mit Leder überzogene Drahtschlingen zu be¬
nützen.
Der Transport der den Parteien abgenommenen
oder der eingefangenen Hunde und anderer Klein¬
tiere darf nur in hiezu geeigneten Fuhrwerken er¬
folgen und ist darauf Bedacht zu nehmen, daß bei
diesen Transportmitteln entsprechend große Abtei¬
lungen in hinreichender Zahl zur Unterbringung der
einzelnen Tiere eingerichtet werden. Gänzlich unzu¬
lässig ist es, lebende Tiere verschiedener Gattungen
oder lebende Tiere mit Tierkadavern in einer Ab¬
teilung zu transportieren.
Die Tötung der zur Vertilgung bestimmten Tiere
hat gleichfalls tunlichst unter Aufsicht eines verlä߬
lichen Organes der zuständigen Gemeinde in einem
geschlossenen, für Unberufene nicht zugänglichen, ge¬
eigneten Raume in rascher und möglichst schmerzloser
Weise — unbedingt aber immer unter Vermeidung
jedweder tierquälerischen Manipulation — zu erfolgen.
14.
Auch nachstehende Handlungen und Unterlassun¬
gen, welche geeignet sind, einem Tiere Schmerzen
oder Qualen zu bereiten, fallen unter den Begriff
der Tierquälerei: Das rohe und übermäßige Schlagen
der Tiere, das Schlagen oder Stoßen derselben mit
den Füßen oder Fäusten, mit festen, spitzen oder
scharfen Gegenständen, das Schlagen oder Stoßen auf
Kopf, Bauch, Geschlechtorgane, Füße ohne Unterschied
des Werkzeuges, Handlungen zum Zwecke der Vor¬
täuschungen fehlender Eigenschaften, der Verbergung
vorhandener Mängel, z. B. das Einführen eines
Schwammes oder sonstigen Geganstandes in den Na¬
sengang, von Pfeffer oder anderen reizenden Gegen¬
ständen in den After, bei Milchtieren das künstliche
Anschwellen des Euters durch absichtlich längeres Un¬
terlassen des Ausmelkens, das Ueberfüttern oder
Uebertränken von Rindern, Kälbern usw., beim Treib¬
vieh das Drehen oder Quetschen des Schweifes, ro¬
hes Vorgehen beim Fesseln oder Binden, Auf= und
Abladen, das Zusammenfesseln mehrerer Viehstücke,
das Aufhängen von Tieren an den gefesselten Fü¬
ßen, zu welchem Zwecke immer, insbesondere behufs
Abwage oder Schlachtung, wenn im letzteren Falle
die Tiere nicht vorher betäubt wurden, das Nieder¬
legen oder Liegenlassen gefesselter Tiere auf dem
nackten Erdboden.
15.
Uebertretungen dieser Kundmachung werden von
den Gemeindevorstehungen nach den Bestimmungen
der §§ 7 und 11 der kaiserlichen Verordnung vom
20. April 1854, R.=G.=Bl. Nr. 96, mit Geldstrafen
von 2 bis 200 Kronen oder Arrest von 6 Stunden
bis 14 Tagen bestraft.
16.
Gleichzeitig werden die h. o. Kundmachungen vom
13. März 1855, L.=R.=Bl. II. Nr. 12, und vom 9.
Oktober 1855, L.=R.=Bl. II. Nr. 29, und zwar insoweit
es sich um das Verbot des Fanges der Vögel mit
Schnellbögen und des Blendens derselben handelt,
unter Hinweis auf die Landesgesetze vom 30. April
1870, L.=G.=Bl. Nr. 39, und vom 18. Juni 1899
L.=G.=Bl. Nr. 34, außer Kraft gesetzt.
Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Kund¬
machung in Kraft.
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