Innsbrucker*innen

Adressbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert

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Freibank=Ordnung für die Landeshauptstadt Innsbruck
263
XII. Abschnitt.
Freibank=Ordnung für die Landeshauptstadt Unnsbruck
vom II. November 1897.
Auf Grund des § 23 der Schlacht= und Schlacht¬
haus=Ordnung für Innsbruck vom 3. Oktober 1895
wird im städt. Schlachthause eine Verkaufsstelle für
minderwertiges Fleisch, eine Freibank, einge¬
richtet.
§ 2.
Unter dem Ausdrucke „minderwertiges Fleisch“ ver¬
steht man solches Fleisch und solche Eingeweide, welche,
gleichgültig, ob von außen eingeführt, oder im städ¬
tischen Schlachthause geschlachteten Tieren stammend,
bei der tierärztlichen Untersuchung mit solchen Ver¬
änderungen behaftet befunden wurden, daß das Fleisch
zwar nicht gesundheitsschädlich, jedoch als nicht
bankwürdig im Sinne der §§ 8 und 9 der Kund¬
machung der h. k. k. Statthalterei vom 23. Juni
1886, L.=G.=Bl. Nr. 36, bezeichnet werden muß.
§ 3.
In Ausführung obiger Kundmachung wird von
Seite der Leitung des städt. Schlachthauses insbeson¬
ders jenes Fleisch als nicht bankwürdig auf die
Freibank verwiesen und als minderwärtig mit einem
deutlich sichtbaren Stempelzeichen versehen, mit der
Aufschrift: „Freibank Innsbruck“, welches:
a) Von verunglückten Tieren herrührt, die nicht
sofort, sondern erst mehrere Stunden nach einer die
Schlachtung bedingenden, mechanischen Verletzung im
fieberlosen Zustande mitgeschlachtet und im übrigen
gesund befunden wurden.
b) Das Fleisch von hochgradig mageren und von
zu jungen Tieren, insolange das Fleisch nicht gesund¬
heitsschädlich ist.
c) Weiters das Fleisch von leicht erkrankten und
mitgeschlachteten Tieren, wenn die Art der Erkrankung
den Genuß überhaupt nicht ausschließt.
d) Zum Verkaufe auf der Freibank wird auch jenes
Fleisch bestimmt, welches ohne gesundheitsschädlich zu
sein, erhebliche Veränderungen seiner Substanz zeigt,
einen unangenehmen Geruch oder eine auffallende
Farbe angenommen hat, wie z. B. durch Medikamente,
alte Ziegenböcke.
Hieher gehört auch das Fleisch von Tieren, welche
an Zuständen gelitten haben, die eine unvollkommene
Ausblutung und deshalb geringere Haltbarkeit und
im weiteren daher eine Minderwertigkeit des Fleisches
bedingen.
e) Auf der Freibank ist endlich Fleisch zu ver¬
kaufen, für welches der Nachweis der Herkunft und
der vorschriftsmäßigen Beschau nicht erbracht werden
kann. (Minist.=Verordnung vom 7. August 1884, Zl.
8050.)
§ 4.
Der Verkauf des Fleisches auf der Freibant ge¬
schieht unter Aufsicht der Schlachthausleitung durch
ein städtisches Organ, dem für das Aushacken des auf
die Freibank verwiesenen Fleisches eine des Fleisch¬
hauergewerbes kundige Person beigegeben wird. Der
Tag und die Zeit des Verkaufes auf der Freibank
bestimmt der Magistrat und wird am Eingangstore zur
Freibank (Bierwastl=Seite, Hauseingang) und in ein¬
zelnen Stadtteilen kundgemacht.
§ 5.
Der Eigentümer des auf die Freibank verwiesenen
Fleisches oder dessen Stellvertreter (Bevollmächtigter)
übergibt dasselbe gegen Bestätigung der Gattung und
des Gewichtes dem Schlachthausleiter. Den Preis
des Fleisches bestimmt der Tierarzt im Einverständ¬
nis mit dem Eigentümer oder dessen Bevollmächtig¬
ten. Derselbe darf höchstens 60—70 Prozent des nor¬
malen Marktpreises betragen.
§ 6.
Dieser Preis, sowie die Ursache der Minderwertig¬
keit, ferner das Geschlecht und die Gattung des
Tieres, von welchen dasselbe stammt, müssen an einer
für jeden Käufer leicht sichtbaren Stelle auf einer
Tafel im Verkaufslokale bekannt gegeben sein.
Für das den einzelnen Verkäufern gehörige Fleisch
ist je eine Tafel anzubringen.
S 7.
Auf der Freibank wird das Fleisch nur in kleinen
Quantitäten von mindestens ¼ kg bis höchstens 3 kg
an einzelne Käufer abgegeben. An Fleischhauer,
Schweinemetzger, Gastwirte, Institute, überhaupt an
Wiederverkäufer darf kein Fleisch weder gegen, noch
ohne Entgelt abgegeben werden.
§ 8.
Das am Schlusse der Verkaufszeit nicht verkaufte
Fleisch muß unter Verschluß in der Freibank (im
dazu gehörigen Keller) bleiben. Ob ein weiterer Ver¬
kauf am zweiten oder eventuell am dritten Tage
versucht werden soll, oder ob sodann das Fleisch zu
vernichten ist, entscheidet der städtische Tierarzt; im
letzteren Falle hat der Tierarzt diese Anordnung dem
den Fleischverkauf besorgenden städtischen Organe
schriftlich zu dem Zwecke bekannt zu geben, damit
sich hievon der Eigentümer des Fleisches überzeugen
kann.
§ 9.
Die Schlachthausleitung führt über den Verkehr in
der Freibank ein Protokoll, in welches der Eigen¬
tümer des Fleisches, die Ursache der Minderwertig¬
keit, die Menge desselben und der Preis sowie der
Gesamterlös eingetragen werden. Der Erlös für das
verkaufte Fleisch wird nach Abzug der Spesen, der
tarifmäßigen Gefällsgebühren und 10 Perzent für die
Auslagen des Stadtmagistrates dem Eigentümer oder
dessen Bevollmächtigten von der Schlachthausleitung
gegen Empfangsbestätigung ausgefolgt, den für die
Stadtgemeinde zurückbehaltenen Betrag hat die
Schlachthausleitung mit der vorerwähnten Empfangs¬
bestätigung an die städtische Kassa abzuführen.
Am Schlusse des Jahres ist das Freibank=Protokoll
mit einem erläuternden Berichte dem Stadtmagistrate
zu übergeben.
§ 10.
Im Falle einer Beschwerde über die Entscheidung
der Schlachthausleitung oder wenn der Eigentümer
des Fleisches sich durch den Ausspruch des städt.
Tierarztes beeinträchtigt glaubt, so steht es ihm frei,