Innsbrucker*innen

Adressbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert

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Vorschriften über den Verkehr mit Milch.
255
§ 5.
Es ist strenge verboten, die zur Aufnahme der
Milch bestimmten Gefäße zu anderen Zwecken zu ver¬
wenden.
§ 6.
Die Milchwagen und, im Falle die Milch in Trag¬
gefäßen zur Einfuhr gelangt, diese Gefäße müssen
durch deutlche Aufschriften, welche Namen und Wohn¬
ort des Verkäufers enthalten, gekennzeichnet sein.
§ 7.
Die Durchführung der Kontrolle über den gesam¬
ten Verkehr mit Milch obliegt den vom Stadtmagistrate
hiezu bestimmten Organen.
Deren Aufgabe ist:
a) Gelegentlich der Einfuhr der Milch und in
den Milchgeschäften Proben zu entnehmen, diese
nach Vorschrift zu untersuchen, im Falle der
Beanständung sofort an den Stadtmagistrat
die Anzeige zu erstatten und Vorsorge zu tref¬
fen, daß die nicht als marktfähig erkannte
Milch nicht mehr in freien Verkehr gesetzt
werde.
b) Von Parteien überbrachte Milchproben über
deren Verlangen auf den Fettgehalt und das
spezifische Gewicht zu untersuchen, für welche
Untersuchung von der Partei eine Gebühr von
2 Kronen eingehoben wird.
c) Soferne sie Tierärzte sind, jene Milchwirt¬
schaftsbetriebe einschließlich der Stallungen im
Stadtgebiete, aus welchen Milch gegen Ent¬
gelt abgegeben wird, nach Bedarf hinsichtlich
des Gesundheitszustandes der Milchtiere, sowie
der gesamten Milchbehandlung zu untersuchen
und beim Stadtmagistrate Anträge auf Abstel¬
lung vorgefundener Uebelstände zu stellen.
§ 8.
Kuhmilch, welche dieser Verordnung nicht entspricht,
wird:
a) Wenn sie zwar nicht gesundheitsschädlich, jedoch
verunreinigt, von Natur aus minderwertig oder
absichtlich verfälscht ist, unter Kontrolle der
Aufsichtsorgane und unter genauer Angabe
ihrer Beschaffenheit auf Rechnung und Kosten
des Eigentümers öffentlich verkauft.
Der Verkaufspreis darf den marktgängigen
Preis der Magermilch, das ist die Hälfte des
Preises der Vollmilch nicht übersteigen.
b) Wenn sie gesundheitsschädlich ist, der Vernich¬
tung zugeführt.
§ 9.
Milch darf nur dann unter der Bezeichnung Kin¬
dermilch, Säuglingsmilch usw. verkauft werden, wenn
der Viehstand und die gesamte Milchwirtschaft des
betreffenden Produzenten einer ständigen tierärztlichen
Kontrolle unterstellt und diese Tatsache durch ein
Zeugnis des Stadtmagistrates bestätigt ist.
§ 10.
Uebertretungen dieser Verordnungen werden, so¬
ferne sie nicht unter das allgemeine Strafgesetz fal¬
len, oder nach anderen Gesetzen strafbar sind, vom
Stadtmagistrate mit Geldstrafen bis zu 200 Kronen
oder mit Arrest bis zu 20 Tagen geahndet.
§ 11.
Strafgerichtliche Verurteilungen, welche aus Anlaß
der beim Milchverkaufe im Stadtbezirke begangenen
Gesetzesverletzungen erfolgen, werden in den Tages¬
blättern veröffentlicht.
§ 12.
Diese Verordnung tritt am 1. März 1906 in Kraft.
(Magistratskundmachung vom 14. Februar 1906.)
2. Verkehr mit Kindermilch.
Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Innsbruck
hat mit Beschluß vom 6. April 1907 in Ergänzung
des § 9 der Milchordnung auf Grund der §§ 33 und
56 des Gemeindestatutes hinsichtlich des Verkaufs von
Kindermilch, Säuglingsmilch, Kurmilch und dergleichen
nachstehendes verordnet:
Die Lieferung von Milch, welche unter besonderen
Namen, wie Kindermilch, Säuglingsmilch, Kurmilch
oder dergleichen in den Handel gebracht wird, ist
nur jenen Personen gestattet, welche zu diesem Behufe
eine Erlaubnis (Lizenz) vom Stadtmagistrate erwor¬
ben haben. Die Erteilung der Lizenz ist von der
Erfüllung nachstehender Bedingungen abhängig:
1. Der Stall, in welchem die Milchtiere (Kühe,
Schafe, Ziegen, Stuten) untergebracht sind, muß
hell, trocken und gut gelüftet sein. Von menschlichen
Wohnungen getrennt, darf er höchstens eine für die
Stallinspektion bestimmte Schlafstelle aufweisen. Auch
muß der Stall von den anderen Stallräumen ge¬
trennt sein.
2. Der Fußboden muß undurchlässig, die Wände
müssen auf mindestens 1½ Meter waschbar sein. Die
Futterbarren sind aus waschbarem Materiale (gla¬
sierter Ton, emailliertes Eisen und dergleichen) her¬
zustellen.
3. Die Stände für die Milchtiere müssen wo¬
möglich erhöht und dürfen bei Kühen nicht länger
als 2 Meter sein, damit eine Verschmutzung mit
Exkrementen vermieden werde. Für die Ablagerung
des Düngers ist ein etwas vertiefter Raum von
40—50 cm freizulassen, der gegen die offene breite
Jauchenrinne ein schwaches Gefälle besitzt.
4. Es ist für eine gute Beleuchtung des Stalles
Vorsorge zu treffen.
5. Gegen die Fliegenplage müssen Vorkehrungen
wie Fliegengitter, Leimspindeln ec. vorhanden sein.
6. Es ist vorzusorgen, daß die melkenden Per¬
sonen sich die Hände in fließendem Wasser mit Seife
waschen können.
7. In dem Stalle darf weder Futter bewahrt
oder zubereitet, noch dürfen Geflügel, Schweine, Ka¬
ninchen oder Ziegenböcke gehalten werden.
8. Für kranke oder erst einzustellende Tiere soll
ein besonderer Stall (Kontumazstall) vorhanden sein.
Als Milchtiere dürfen nur gesunde, nicht zu alte
Tiere verwendet werden. Ueber 11 Jahre alte Kühe
sind unzulässig. Der Gesundheitszustand der Milch¬
tiere wird vom Stadtmagistrate durch die von ihm
hiezu bestellten Organe überwacht.
9. Der Tierarzt erhebt mindestens einmal im
Monate den Gesundheitszustand der Tiere durch
genaue Untersuchung, wobei insbesondere auf Er¬
nährungszustand, Beschaffenheit des Eiters usw. zu
achten ist.
Um Tuberkulose auszuschließen, ist jedes neu ein¬
zustellende Rind der Tuberkulinimpfung zu unterziehen.
Seit längerer Zeit eingestellte Kühe sind jährlich ein¬
mal mit Tuberkulin zu prüfen. Von jeder Erkrankung
der Milchtiere hat der die Kontrolle ausübende Tier¬
arzt, auch wenn der Lieferant einen anderen Tier¬
arzt beigezogen hätte, verständigt zu werden. Dem
die Aufsicht ausübenden Tierarzte obliegt es, nicht
nur den Gesundheitszustand der Tiere festzustellen,
sondern er hat auch sich von der genauen Einhal¬