Auszug aus der Dienstboten=Ordnung. — Dienstboten=Prämien. 231 Nach Verlauf der halben Dienstzeit kann der Dienst¬ bote die Herausgabe des Dienstbotenbuches fordern, wenn er desselben zur Erlangung eines neuen Dienstes bedarf. (§ 4.) Vor der Rückstellung desselben hat er keinen Anspruch auf die Bezahlung des laufenden Lohnes. S 37. Dienstzeugnisse. Beim Dienstaustritte hat der Dienstgeber dem Dienst¬ boten ein wahrheitsgetreues Zeugnis in der betreffenden Rubrik des Dienstbotenbuches auszustellen. Verweigert der Dienstgeber die Ausstellung eines Zeugnisses, oder ist der Dienstbote mit dem Inhalte des¬ selben nicht zufrieden, so hat der Gemeindevorsteher, nach Einvernehmung beider Teile, die für das Zeugnis bestimmte Rubrik auszufüllen und das Gemeindesiegel beizudrücken. Der Dienstgeber, der einem Dienstboten wissentlich ein wahrheitswidriges Zeugnis ausstellt, ist unbeschadet seiner Haftung für den hieraus entspringenden Nachteil mit einer angemessenen Strafe zu ahnden. S 41. Kompetenz der Gemeindevorsteher und Gerichts¬ behörden bei Streitigkeiten. Streitigkeiten zwischen Dienstgebern und Dienst¬ boten oder den gesetzlichen Vertretern nicht eigen¬ berechtigter Dienstboten, welche aus dem Dienstverhält¬ nisse hergeleitet werden und während des Bestandes desselben, oder wenigstens vor Ablauf von dreißig Tagen, vom Tage, als das Dienstverhältnis aufhörte, angebracht werden, sind von dem Gemeindevorsteher in kurzem Wege, mit Ausschließung von Parteien= oder Zeugeneiden, zu verhandeln und zu entscheiden. Hiezu ist, falls das Dienstverhältnis erst zu Stande kommen soll, jener Gemeindevorsteher berufen, in dessen Bezirke der Geklagte sich aufhält, sonst aber jener, in dessen Bezirke das Dienstverhältnis besteht oder be¬ standen hat. Hätte die verurteilte Partei mittlerweile ihren Auf¬ enthalt in einer anderen Gemeinde genommen, so ist durch den Vorsteher dieser letzteren der Vollzug des rechtskräftigen Erkenntnisses zu erwirken. Jene Streitigkeiten, welche nach Verlauf der Frist von dreißig Tagen erhoben werden, gehören zur or¬ dentlichen Amtshandlung der Gerichtsbehörden. S 43. Strafbestimmungen. Uebertretungen dieser Dienstbotenordnung sind mit Geld= oder Arreststrafen zu ahnden. Geldstrafen fließen in die Armenkasse und dürfen bei Dienstboten den Betrag von 10 Kronen und bei anderen Personen den Betrag von 80 Kronen nicht übersteigen. Arrest kann bis zu 8 Tagen verhängt und mit Beobachtung der Bestimmungen des Strafgesetzes durch Fasten verschärft werden. Miennboten Mit Erlaß der hohen k. k. Statthalterei für Tirol und Vorarlberg vom 10. Mai ds. Is. Z. 11.482 wurde die von der General=Versammlung der Mitglieder der hiesigen Sparkasse beschlossene ständige Widmung von Dienstbotenprämien, bestehend in Sparkasse¬ bücheln à 100 Gold=Kronen, genehmigt. Auf diese Preise haben jene, nicht schon in früheren Jahren von der Sparkasse prämierten Dienstboten An¬ spruch, welche 18 Jahre und darüber ununterbrochen treu und redlich in Tirol oder in Vorarlberg im Haus¬ halte einer und derselben Familie — die aber jetzt ihren ständigen Aufenthalt in Innsbruck oder dessen Vororten (Wilten, Hötting, Pradl) haben muß — gegen Kost, Lohn und Wohnung im Hause dienten und zur Zeit der Bewerbung noch wirklich im Dienste stehen. Als Dienstzeit bei einer und derselben Familie wird dem Dienstboten auch jene Zeit angerechnet, welche er nicht bloß bei den Eltern, sondern auch bei deren Kindern beziehungsweise dem Schwiegersohne oder Schwiegertochter zubrachte und soll ihm auch nicht der Wechsel vom Bruder zur Schwester oder umgekehrt nach¬ teilig sein. Doch ist ein Dienstbote nicht als in ein und der¬ selben Familie dienend anzusehen, wenn derselbe vom Bruder zur Schwester oder umgekehrt in den Dienst kommt, ohne zugleich auch bei den Eltern früher ge¬ dient zu haben. Eine Unterbrechung im Dienste darf aber auch bei diesem Dienstwechsel nicht eingetreten sein. Kein Preis kann zweimal erworben werden. Die Gesuche um einen Preis sind von Fall zu Fall bei der Sparkasse=Direktion zu überreichen und müssen dieselben mit dem Nachweise des Alters der Dienstboten, mit Dienstbotenbüchern sowie mit Zeugnissen der Dienst¬ geber belegt sein, in welchen die Angabe des Ortes und die Zeit des Dienstantrittes mit der ausdrücklichen =Prämien. Erklärung enthalten sein muß, daß der Dienstbote während der ganzen Zeit, und zwar ohne jede Unter¬ brechung, treu und redlich gegen Kost, Lohn und Woh¬ nung im Hause bei ihnen beziehungsweise ihren Eltern und Schwiegereltern dienten und noch im Dienste stehen. Nach Einlangen eines solchen Gesuches wird die Sparkasse über die darin enthaltenen Angaben und Nachweisungen die ihr notwendig scheinenden Er¬ hebungen pflegen und dem Bittsteller, wenn auf diese Weise das Gesuch geprüft und festgestellt ist, daß er wirklich die vorgeschriebene Qualifikation zur Er¬ langung eines Dienstbotenpreises besitzt, ein solcher ausgefolgt und sein Name jeweilig in den in Inns¬ bruck erscheinenden Zeitungen veröffentlicht. Sollten aber die eingeleiteten Erhebungen dartun, daß das Gesuch falsche Angaben und Nachweisungen ent¬ halte, so soll dem Bewerber ein für allemal, auch für spätere Zeiten, jeder Anspruch auf einen Dienstboten¬ preis verwirkt sein. Innsbruck am 25. Mai 1893. Sparkasse der Stadt Innsbruck. Die General=Versammlung der Sparkasse der Stadt Innsbruck hat in der Sitzung vom 2. Mai 1902 be¬ schlossen, solchen Dienstboten, welche 18 Jahre in der Hauswirtschaft einer Familie in den Gemeinden Innsbruck, Wilten, Hötting und Pradl bedienstet waren und eine Dienstbotenprämie erhalten haben, eine solche Dienstbotenprämie von 100 Kronen ein zweites¬ mal zu verleihen, wenn sie noch weitere 12 Jahre bei derselben Familie bedienstet waren und es noch sind, wenn sie um Verleihung der zweiten Prämie ansuchen. Sparkasse der Stadt Innsbruck, am 14. Mai 1902.