Innsbrucker*innen

Adressbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert

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Satzungen des Arbeitsvermittlungs=Amtes der Landeshauptstadt Innsbruck.
Berufsarten bei der städtischen Vermittlung von selbst
ergeben. Als Hauptaufgabe betrachtet es die kom¬
munale Arbeitsvermittlung, wie sie hier eingeführt
werden soll, vorerst Dienstboten und nicht qualifizierten
Arbeitern Arbeit zu verschaffen.
Sicher werden sich hier wie in allen österreichi¬
schen und deutschen Städten, wo städtische Arbeits¬
vermittlungsämter eingeführt wurden, die Genossen¬
schaften demselben anschließen.
Ueberall siegte die ausgesprochene Bereitwilligkeit
der Stadtverwaltung, den zu gründenden Arbeitsnach¬
weis neutral zu organisieren und zu verwalten, so daß
endlich die Zweckmäßigkeit eines unparteiisch geleiteten
städt. Arbeitsnachweises von beiden Seiten (von den
Arbeitgebern und Arbeitnehmern) anerkannt werde. Die
Errichtung eines städtisch. Arbeitsvermittlungsamtes
wurde als eine soziale Pflicht der Gemeinde erkannt
und soll die Vermittlungsstelle eine soziale Wohlfahrts¬
einrichtung sein. Es ist selbstverständlich, daß die
Vermittlung unentgeltlich erfolgen muß; durch die
Unentgeltlichkeit der Vermittlung wird auch das Ver¬
trauen der Arbeitsuchenden in das Amt gestärkt und
gefestigt werden. Erfüllt das Vermittlungsamt seine
soziale Aufgabe und bringt es Ordnung in die heute
da und dort ungeregelten Verhältnisse, dann werden
die Kosten, welche die Gemeinde für die städt. Arbeits¬
vermittlung Jahr für Jahr aufwenden wird, reich¬
liche Früchte tragen.
§ 1.
Das Arbeitsvermittlungsamt der Stadt Innsbruck
hat den Zweck:
1. Zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern und
zwar vorerst für Taglöhner und Dienstboten, sodann
beim weiteren Ausbau des Amtes gewerblichen Hilfs¬
arbeitern, Handelsangestellten und Lehrlingen Arbeit
zu vermitteln.
2. In allen die Arbeiter und Arbeitsverhältnisse
berührenden Fragen tunlichst Auskunft zu erteilen.
3. Zur Ausgleichung von Arbeitsangebot und Nach¬
frage sich mit anderen Vermittlungsämtern in Verbin¬
dung zu setzen.
Falls die Staatsverwaltung einen entsprechenden
Beitrag leistet, werden dem arbeitsstatistischen Zentral¬
Bureau des Handelsministeriums in Wien für Zwecke
der Statistik über die Bewegungen des Arbeitsange¬
botes und der Arbeitsnachfrage in den verschiedenen
Gewerben und Jahreszeiten die gewünschten Mittei¬
lungen gemacht.
§ 2.
Das Arbeitsvermittlungsamt steht unter Leitung
und Vermittlung des Stadtmagistrates, sowie unter
Leitung einer Verwaltungskommi sion, welche aus
einem Vorsitzenden und sechs Mitgliedern, sowie vier
Stellvertretern besteht. Vorsitzender der Kommission
ist der Bürgermeister oder der von demselben mit der
Stellvertretung betraute Magistratsbeamte.
Die Mitglieder der Kommi sion und die Stellver¬
treter werden vom Gemeinderate auf je drei Kalender¬
jahre gewählt und zwar zu gleichen Teilen aus dem
Kreise der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer. Dau¬
ernd verhinderte Kommissionsmitglieder werden für
die Dauer der Wahlperiode durch die Kommi sion selbst
ersetzt.
Die in Innsbruck bestehenden Arbeiter=Organisa¬
tionen sind eingeladen, für die Wahl der Kommiscions¬
mitglieder und Stellvertreter aus dem Kreise der Ar¬
beitnehmer Vorschläge an den Gemeinderat zu erstatten.
§ 3.
Die Sitzungen der Kommission werden vom Vor¬
sitzenden nach Bedarf oder über schriftliches Verlangen
von wenigstens zwei Kommissionsmitgliedern einbe¬
rufen. Die Kommission ist beschlußfähig, wenn alle
Mitglieder beziehungsweise im Verhinderungsfalle
eines derselben ein Stellvertreter der betreffenden Ka¬
tegorie geladen waren und mindestens drei Teilneh¬
mer, einschließlich des Vorsitzenden versammelt sind.
Die Beschlüsse werden mit Stimmenmehrheit ge¬
faßt und gibt bei Stimmengleichheit der Vorsitzende
den Ausschlag.
Für jede in die Arbeitszeit fallende Sitzung er¬
halten die dem Kreise der Arbeitnehmer angehörigen
Mitglieder oder Stellvertreter eine Entschädigung von
2 Kronen.
Die Verwaltungskommission behandelt mit Erledi¬
gungsbefugnis alle ihr vom Vorsitzenden zugewiesenen
Geschäfte, die sich auf das Arbeitsvermittlungsamt
beziehen. Die Kommission ist überdies berechtigt, aus
ihrer Mitte Gutachten und Anträge aller Art, welche
das Arbeitsvermittlungsamt betreffen, dem Stadt¬
magistrate bezw. dem Gemeinderat vorzulegen und
haben die einzelnen Kommi sionsmitglieder die Pflicht,
wahrgenommene Mängel oder an sie gelangte Be¬
schwerden in den Sitzungen zur Sprache zu bringen.
§ 6.
Die Verwaltungskommission hat allein zu beschlie¬
ßen, welche Stellung das Arbeitsvermittlungsamt in
den einzelnen Fällen von Arbeitseinstellungen oder
Arbeiteraussperrungen einzunehmen hat und ist bei
den bezüglichen Einladungen zur Sitzung ausdrücklich
anzuführen, welche derartige Angelegenheit der Be¬
schlußfassung unterbreitet wird.
S 7.
Die Verwaltungskommission ist ausschließlich befugt,
bei mißbräuchlicher Inanspruchnahme des Arbeitsver¬
mittlungsamtes den Schuldigen über vorher gegebene
Gelegenheit zur Rechtfertigung auf bestimmte Zeit
von der Benützung des Amtes auszuschließen.
§ 8.
Die Geschäfte des Arbeitsvermittlungsamtes wer¬
den nach der vom Gemeinderate jeweilig festgesetzten
Geschäftsordnung geführt, und wird für die Amtser¬
fordernisse vom Gemeinderate jährlich ein Kredit be¬
willigt. Das Arbeitsvermittlungsamt und seine Auf¬
sichtsorgane haben dafür zu sorgen, daß die Aufwen¬
wendungen den eingeräumten Kredit nicht überschreiten.
§ 9.
Zur Führung der Geschäfte wird ein Leiter bestellt,
dem die nötigen Hilfskräfte beizugeben sind. Sämt¬
liche Angestellte werden vom Gemeinderate über Ein¬
holung des Vorschlages der Verwaltungskommission
ernannt. Die Obliegenheiten des Leiters und der üb¬
rigen Angestellten werden durch ein Regulativ ge¬
regelt, welches der Stadtmagistrat erläßt.
§ 10.
Das Arbeitsvermittlungsamt besteht aus zwei Ab¬
teilungen, einer für männliche und einer für weibliche
Personen und es geschieht die Arbeitsvermittlung in der
Regel unentgeltlich.