Innsbrucker*innen

Adressbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert

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Satzungen des Arbeits=Vermittlungs=Amtes der Landeshauptstadt Innsbruck.
245
23. Station im Turnus=Vereinshaus (Gendarmerie) Inn¬
straße Nr. 2.
Wenn in einem Hause ein Schadenfeuer ausgebrochen
ist, oder wenn ein solches in der Nachbarschaft bemerkt
wird, soll sofort eine verläßliche Person zu der nächst¬
gelegenen Feuer=Telephonstation geschickt werden, um von
dort aus die ständige Feuerwache im Hauptfeuerhause
zu verständigen.
Außerdem sind sämtliche Inhaber von Staats=Tele¬
phonstationen berechtigt, unter Verantwortlichkeit des In¬
habers jener Station, von welcher aus die Meldung er¬
folgt, die Feuermeldung an die Zentrale der Staats¬
Telephonleitung gelangen zu lassen, welche dieselbe an
die ständige Feuerwehr im Hauptfeuerhause weitergibt.
Meldung: In der Straße.... Haus¬
nummer ... (eventuell) Stock... ist ein
Kamin=, Zimmer=, Keller=, Magazin= oder Dachfeuer aus¬
gebrochen.
Bei bestimmten Feuerwehrmännern eines jeden Bezirkes
wurden Allarmklingeln angebracht, die an besagte Draht¬
leitung angeschlossen sind und ist dadurch die Möglichkeit
geboten, die ständige Feuerwache durch eine kleine An¬
zahl Feuerwehrmännern sofort nach Bekanntgabe eines
ausgebrochenen Schadenfeuers in dem Bezirke zu Hilfe
zu rufen.
Solche Klingeln sind selbstredend bei Feuerwehr¬
männern angebracht worden, von denen man in Folge
ihres Berufes annehmen kann, daß sie in ihrer Wohnung
oder Werkstätte zu treffen sind.
Durch diese Einrichtung soll besonders bezweckt werden,
die allgemeine Allarmierung in nicht wirklich dringenden
Fällen schon heute zu vermeiden.
Satzungen des Arbeits-Vermittlungs-Amtes der
Tandeshauptstadt Innsbruck.
Der Gemeinderat der Landeshauptstadt
Innsbruck beschloß in seiner Sitzung vom
20. Dez. 1902 die Errichtung eines städtischen
Arbeitsvermittlungsamtes.
Die soziale Bedeutung des Arbeitsnachweises läßt sich
in Folgendem zusammenfassen:
1. Fortfall des planlosen Umherwanderns der Ar¬
beiter und Handwerksgesellen und damit Fortfall der
Verführung zum Bettel und Vagabundieren.
2. Fortfall des planlosen Umschauens der Arbeiter
und Arbeiterinnen um Arbeit.
3. Verkürzung und Beseitigung der jetzt gelegentlich
des Arbeitswechsels meist stattfindenden vorübergehenden
Arbeitslosigkeit.
4. Dezentralisation der Industrie, indem man es den
Arbeitgebern der kleinen und mittleren Städte möglich
macht, tüchtige Fachleiter aus den größeren Städten zu
erhalten und es den Arbeitern der kleineren Städte wie
der Landgemeinden erleichtert, an den kleineren Orten
bei Arbeitsstockung Beschäftigung zu erhalten.
Durch die zentrale Organisation wird also nun nicht,
wie man behauptet hat, der Zug der Arbeiter in die
großen Städte gefördert, sondern im Gegenteil gerade
der Hauptgrund derselben beseitigt, daß es nämlich jetzt
nur dort verhältnißmäßig leicht ist, rasch Arbeit zu finden,
während in den kleineren Städten und auf dem Lande
die Arbeitsgelegenheit meist mangels organisierten Nach¬
weises nur durch Zufall bekannt wird.
5. Die Möglichkeit es frühzeitig zu erfahren, wenn
Arbeitslose sich im allgemeinen oder in bestimmten
Gegenden oder gewissen Geschäftszweigen in besorgnis¬
erregender Weise vermehren, um rechtzeitige Abhilfe
schaffen zu können.
6. Förderung des sozialen Friedens, indem man eine
der Urfachen des Arbeiterelends, der Verbrechen und der
Unzufriedenheit, die Arbeitslosikeit, nach Möglichkeit be¬
seitigt.
7. Erschwerung unberechtigter Arbeitseinstellungen und
Ausschließungen.
8. Hebung der Moralität, der Leistungen und des
guten Benehmens der Arbeiter und Arbeitgeber durch
Erteilung gewissenhafter, sachgemäßer Auskünfte durch
die Nachweisstelle unter Ausschluß jeder Mitteilung über
die politische Parteirichtung.
9. Schaffung der Grundlagen für eine gerechte und
sparsame Armenpflege. Erst die Verbindung mit der Ar¬
beitsvermittlungsstelle gewährt den Armenverwaltungen
die Möglichkeit, verschuldete und unverschuldete Armut
zu unterscheiden und dem Armen einen Weg zu neuem
Erwerb zu eröffnen.
10. Bessere Erforschung der Ursachen, des Umfanges
und der Dauer der periodisch wiederkehrenden Arbeits¬
losigkeit auf Grund des aus dem Geschäftsbetriebe er¬
wachsenden statistischen Materiales und der dabei ge¬
sammelten Erfahrungen und im Anschluß daran Förde¬
rung der der Arbeitslosigkeit vorbeugenden Tätigkeit.
11. Verhinderung der Ausbeutung von Dienstboten
und Arbeitern bei Bewerbung um Arbeit von Seite der
privaten Dienstvermittlungen.
12. Dementsprechender Schutz der Arbeitgeber.
Die Schaffung einer derartigen gemeindlichen Arbeits¬
vermittlungsstelle erkannte nach der bestehenden Lage der
Gemeinderat der Stadt Innsbruck als notwendig und
zweckdienlich an. In der natürlichen Verfolgung dieses
Prinzipes muß sich dieselbe auf alle Berufszweige er¬
strecken. Da sich dies der Neuheit und hohen Kosten
halber nicht sofort durchführen läßt, soll hier mit ein¬
zelnen Zweigen begonnen werden. Weiter soll die Durch¬
führung sozialer Reformen nicht mit entschädigungsloser
Expropriation vorhandener Rechte verbunden sein. Es
besteht auch nicht die geringste Absicht, durch eine ge¬
meindliche Arbeitsvermittlung den bestehenden gut ein¬
gerichteten genossenschaftlichen Vermittlungen Konkurrenz
zu bieten und es wird sich auch hiedurch eine Einschrän¬
kung in den Berufsarten bei der städtischen Vermittlung
von selbst ergeben. Als Hauptaufgabe betrachtet es die
kommunale Arbeitsvermittlung, wie sie hier eingeführt
werden soll, vorerst Dienstboten und nicht qualifizierten
Arbeitern Arbeit zu verschaffen.
Sicher werden sich hier wie in allen österreichischen
und deutschen Städten, wo städtische Arbeitsvermittlungs¬
ämter eingeführt wurden, die Genossenschaften demselben
anschließen.
Ueberall siegte die ausgesprochene Bereitwilligkeit der
Stadtverwaltung, den zu gründenden Arbeitsnachweis
neutral zu organisieren und zu verwalten, so daß endlich
die Zweckmäßigkeit eines unparteiisch geleiteten städt.
Arbeitsnachweises von beiden Seiten (von den Arbeit¬
gebern und Arbeitnehmern) anerkannt werde. Die Er¬
richtung eines städt. Arbeitsvermittlungsamtes wurde als
eine soziale Pflicht der Gemeinde erkannt und soll die
Vermittlungsstelle eine soziale Wohlfahrtseinrichtung sein.
Es ist selbstverständlich, daß die Vermittlung unentgelt¬
lich erfolgen muß; durch die Unentgeltlichkeit der Ver¬