Innsbrucker*innen

Adressbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert

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Auszug aus der Dienstboten=Ordnung.
234
grober Nachlässigkeit das Eigentum des Dienstgebers be¬
schädigt.
6. Wenn er auf Rechnung des Dienstgebers ohne
dessen Vorwissen Geld oder Waren borgt.
7. Wenn er auf länger als acht Tage gefänglich ein¬
gezogen wird.
8. Wenn er der Trunkenheit, dem Spiele oder andern
Arten der Ausschweifung und Unsittlichkeit sich ergibt,
durch Außerachtlassung kirchlicher Vorschriften Aergernis
in oder außer dem Hause gibt, insbesondere wenn er
die Kinder oder Verwandten des Dienstgebers dazu zu
verleiten sucht.
9. Wenn er ohne Erlaubnis des Dienstgebers über
Nacht ausbleibt oder Fremde übernachten läßt (§ 14)
oder sonst die häusliche Ordnung gröblich verletzt.
10. Wenn er ohne Verschulden des Dienstgebers über
3 Wochen krank ist.
Der Dienstbote hat in diesen Fällen nur Lohn und
Kost bis zum Zeitpunkte seiner Entlassung zu fordern,
unbeschadet der dem Dienstgeber etwa zustehenden Ent¬
schädigungs=Ansprüche.
§ 29.
In welchen Fällen der Dienstbote den Dienst vor
der Zeit verlassen kann.
Der Dienstbote kann den Dienst vor der Zeit ver¬
lassen:
1. Wenn er ohne Schaden für seine Gesundheit dem
Dienste nicht weiter vorzustehen vermag.
2. Wenn der Dienstgeber den Dienstboten gröblich
mißhandelt oder in anderer Weise die Grenzen der ihm
zustehenden häuslichen Zucht überschreitet.
3. Wenn der Dienstgeber den Dienstboten zu unsitt¬
lichen oder gesetzwidrigen Handlungen oder zu Hand¬
lungen gegen die kirchlichen Vorschriften verleitet oder
zu verleiten sucht, oder ihn vor solchen Zumutungen
gegen Hausgenossen oder Personen, die im Hause aus¬
und eingehen, zu schützen verweigert.
4. Wenn der Dienstgeber auf länger, als die Dienst¬
zeit noch zu dauern hat, eine Reise zu unternehmen im
Begriffe steht oder seinen ständigen Wohnsitz in einem
andern entfernten Orte aufschlägt und in diesen Fällen
den Dienstboten gegen dessen Willen mitnehmen will.
5. Wenn die Eltern des Dienstboten in Folge plötzlicher
Erkrankung denselben zur Pflege dringend benötigen,
oder wenn eine andere wichtige Angelegenheit des Dienst¬
boten dessen sofortige längere Anwesenheit an einem
andern Orte dringend notwendig macht.
Der Dienstgeber kann jedoch in den Fällen ad 1 und
5 verlangen, daß der Dienstbote nach dem Aufhören der
Ursachen seiner Entfernung in den Dienst wieder zurück¬
kehre, wenn die Dienstzeit noch nicht abgelaufen ist.
Die Gründe des Austrittes müssen jedoch dem Ge¬
meindevorsteher angezeigt, und falls sie vom Dienstgeber
widersprochen würden, glaubwürdig dargetan werden.
Ohne Bewilligung des Gemeindevorstehers darf der
Dienstbote den Dienst nicht verlassen, den Fall einer
augenscheinlichen Gefahr des Lebens oder einer Be¬
schädigung ausgenommen.
In den Fällen ad 2 und 3 ist dem Dienstboten Lohn
und Kost für die noch übrige Dienstzeit, und wenn diese
länger als ein Vierteljahr dauert, für drei Monate zu
vergüten (S 7).
In den Fällen ad 1, 4 und 5 kann Kost und Lohn
nur bis zum Austritte aus dem Dienste gefordert werden.
§ 30.
Der Dienstbote kann den Dienst vor der Zeit, jedoch
bei ganzjährigen Diensten nur nach vorangegangener
sechswöchentlicher, bei kürzerer Dienstzeit aber nach vor¬
angegangener vierzehntägiger Aufkündigung verlassen:
1. Wenn der weibliche Dienstbote zur Verehelichung
und der männliche zum Antritte einer eigenen Wirtschaft
oder eines eigenen Gewerbes vorteilhafte Gelegenheit er¬
hält, welche durch Ablauf der Dienstzeit versäumt werden
würde.
2. Wenn die Ueberkommung einer Erbschaft die längere
Anwesenheit des Dienstboten an einen anderen Ort not¬
wendig macht.
3. Wenn die Eltern des Dienstboten wegen einer erst
nach Antritt des Dienstes vorgefallenen Veränderung,
ihrer Umstände desselben zur Führung ihrer Wirtschaft
oder ihres Gewerbes nicht entbehren können.
Auch diese Gründe müssen dem Gemeindevorsteher an¬
gezeigt und beim Widerspruche des Dienstgebers glaub¬
würdig dargetan werden, und darf der Dienstbote sich
ohne Bewilligung des Gemeindevorstehers nicht entfernen.
Unter Beobachtung dieser Vorschrift kann der Dienst¬
bote im Falle der Dringlichkeit die Entlassung selbst vor
Ausgang der sechswöchentlichen, beziehungsweise vier¬
zehntägigen Aufkündigungsfrist verlangen, wenn er statt
seiner einen tauglichen Dienstboten stellt und sich mit
demselben wegen Kost und Lohn für diese Zeit ohne
Schaden des Dienstgebers abfindet.
§ 32.
Wenn ein Dienstbote ohne gesetzmäßigen Grund
vor der Zeit entlassen wird.
Der Dienstgeber, der ohne gesetzmäßigen Grund (§ 28)
einen Dienstboten ohne Aufkündigung und vor Ablauf
der Dienstzeit entläßt, kann zwar nicht genötigt werden,
denselben gegen seinen Willen wieder aufzunehmen, er
ist aber verpflichtet, ihm Lohn und Kost für die noch
übrige Dienstzeit, und wenn diese noch länger als ein
Vierteljahr dauert, für drei Monate zu vergüten (§ 7)
und den allfälligen übrigen Schaden zu ersetzen.
§ 33.
Wenn ein Dienstbote den Dienst ohne gesetzmäßigen
Grund vor der Zeit verläßt.
Dienstboten, die vor Ablauf der Dienstzeit ohne ge¬
setzmäßigen Grund den Dienst eigenmächtig verlassen, sind
dem Gemeindevorsteher anzuzeigen, von diesem zu ver¬
folgen und auf Verlangen des Dienstgebers selbst durch
Zwang zur Rückkehr in den Dienst anzuhalten. Sie sind
uberdies strenge zu bestrafen und verpflichtet, den aus
der unerlaubten Dienstesverlassung entstandenen Schaden
zu ersetzen.
Will der Dienstgeber den entlaufenen Dienstboten nicht
wieder aufnehmen, so kann er statt desselben einen an¬
Dienstboten aufdingen und von dem entlaufenen die Ver¬
gütung der dadurch verursachten Mehrkosten verlangen.
§ 36.
Aufbewahrung der Dienstbotenbücher.
Der Dienstgeber darf einen Dienstboten, der kein Dienst¬
botenbuch besitzt, in den Dienst nicht eintreten lassen.
Beim Antritte des Dienstes ist das Dienstbotenbuch
dem Dienstgeber auszufolgen und von demselben in sorg¬
same Aufbewahrung zu nehmen.
Nach Verlauf der halben Dienstzeit kann der Dienst¬
bote die Herausgabe des Dienstbotenbuches fordern, wenn
er desselben zur Erlangung eines neuen Dienstes bedarf.
(§ 4.) Vor der Rückstellung desselben hat er keinen An¬
spruch auf die Bezahlung des laufenden Lohnes.
S 37.
Dienstzeugnisse.
Beim Dienstaustritte hat der Dienstgeber dem Dienst¬
boten ein wahrheitsgetreues Zeugnis in der betreffenden
Rubrik des Dienstbotenbuches auszustellen.