Innsbrucker*innen

Adressbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert

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Chronik und Statistik
Nachdem mit dem unerwarteten Ableben des Erzherzogs
zwei Sekretären und zehn weiteren Hilfskräften bestand
Sigmund Franz im juni 1665 die in Tirol regierende habs
Mangels der nötigen Geldmittel wurde dieser Magistrat aber
urgische Seitenlinie ausstarb, drohte der Stadt durch die
schon bald aufgelassen und 1794 ein neuer mit einem Bürger¬
Auflassung des Hofes ein empfindlicher wirtschaftlichen
meister, neun Räten und 24 Beisitzern geschaffen. Diese
Rückschlag. Da bewilligte Kaiser Leopold I. im Jahre 1669
sollte mit den jährlichen Einnahmen der Stadt von etwa
lie Errichtung einer Universität. Die finanzielle Grundlage
6000 Gulden auskommen. Damals wunde die justizpflege de
hiefür sollte ein Aufschlag auf das Haller Salz bilden. Ale
Stadt von der politisch-ökonomischen Verwaltung getrennt.
674 die letzte der vier Fakultäten, die Medizinische, eröffne
781 hob Kaiser Josef II. die Universität auf und bildete sie
vurde, mehrten sich bereits die Klagen über die Faulheit der
in ein Lyzeum um.
tudenten im Besuch der Vorlesungen. Die Universität, die
Die alte Sigmundianische Hofburg wird auf Befehl Maria
zuerst in der Herrengasse untergebracht war, bezog erst 1776
Theresias zwischen 1766 und 1770 nach dem Plane des Ing.-
die heute sogenannte „alte Universität“ (zwischen Volks
Majors Walter umgebaut. Den neuen Riesensaal darin mal
kunstmuseum und Jesuitenkirche).
1775 Franz Anton Maulpertsch aus. 1790 trägt man das Inn
Am Beginn des 18. Jahrhunderts bereitete der Bayern
tor ab und beginnt den Bau einer neuen Innbrücke. 1794
einfall des Sommers 1703 der Bevölkerung schlimme Tage
schmückt der Maler Johann Schöpf die sohanneskirche mit
Am 25. Juni machte eine Abordnung der Stadt dem bereits
chönen Fresken.
in Hall eingezogenen Kurfürsten Max Emanuel ihre Aufwar
Der Ausklang des 18. Jahrhunderts wird durch die ver¬
tung und bat ihn, „die Stadt Innsbruck und ihre Einwohne
schiedenen napoleonischen Kriege verdüstert. Zur Leitung
ei häuslichen Ehren zu erhalten und nicht zuzugeben, daß
der Landesverteidigung war Ende August 1796 der Hof
ihnen, als Unschuldigen, mit Raub, Mord und Brand zuge
kommissär Konrad Ludwig Graf von und zu Lehrbach nach
etzt werde“. Nachdem der Kurfürst sechs Tage lang in
nnsbruck gekommen. Schon 1797 verlieh ihm, seinen beiden
Mühlau gelagert hatte, war er am 2. Juli in Innsbruck einge¬
Brüdern und ihren Nachkommen die Stadt aus besonderer
ogen und hatte in der Hofburg Quartier genommen. Zur
Dankbarkeit das Bürgerrecht. Anfangs 1797 schlugen sich
Erinnerung an den Abzug der Bayern am St.-Anna-Tag, der
die Innsbrucker Schützen unter Philipp von Wörndle helden¬
6. Juli, wurde die „Annasäule“ in der Neustadt errichtet
mütig bei Spinges.
sie war nach drei Jahren fertiggestellt
Die Kriegsläufe dauern auch zu Beginn des 19. Jahrhun
Der festliche Empfang Kaiser Karls VI. im Herbst 1711
derts noch an. Der in Tirol sehr beliebte Erzherzog sohanr
vurde durch die Widrigkeit der Witterung vereitelt. Das
veilt mehrmals in Innsbruck. Am 5. November 1805 zieh
Feuerzeichen, das vom Bergisel her seine Ankunft ankündi
der französische Marschall Ney ein und einen Monat späten
gen sollte, wurde des nebelig trüben Wetters wegen vor
vird Tirol an Bayern abgetreten. Im jahre 1809 erlebte
ler Stadt aus nicht bemerkt, und so fuhr der Kaiser, wäh
nnsbruck in militärischer Hinsicht seine größten Tage, al¬
rend die Bevölkerung aufgeregt seiner wartete, unbeachte
während des tirolischen Freiheitskampfes die siegreichen
zur Hofburg. An den Staatskonferenzen, die der Kaiser in
Schlachten am Bergisel (12. April, 29. Mai und 13. Augus
len folgenden Tagen abhielt, nahm auch Prinz Eugen von
geschlagen wurden und Andreas Hofer als Oberkommandan
Savoyen, der beim Wirt zum Burgriesen wohnte, teil.
am 17. August in die Hofburg einzieht. Am 4. Oktober leg
Die gotische St.-Jakobs-Pfarrkirche, die durch die vieler
ihm der Prälat von Wilten in der Hofkirche die goldene
rdbeben ziemlich gelitten hatte und der Bevölkerung schon
Ehrenkette des Kaisers feierlich an, am 21. muß er bereit
lie Stadt verlassen.
ls altmodisch erschien, wurde 1717 abgebrochen. Den Neu¬
bau leitete der Füssener Baumeister Johann Jakob Her¬
Die Rückkehr Tirols zu Österreich wird am 24. Juli 1814
chomer und sein Schwiegersohn Hans Georg Fischer. Der
nit einer Festvorstellung im Theater, mit Stadtbeleuchtun
berühmte bayrische Maler Cosmas Damian Asam malte sie
und Bergfeuern gefeiert. Damals zählte die Stadt etwa 10.00
aus, während sein Bruder Agid die Stuckarbeiten besorgte
Einwohner. Im Jahre 1821 wurde ein politisch-ökonomische
Die kunstvolle Kanzel schuf der Bildschnitzer Nikolaus Moll
Stadtmagistrat mit einem besoldeten, von der Landesstell
Im September 1724 wurde die Kirche geweiht.
u ernennenden und unmittelbar vom Kaiser zu bestätigen¬
Das Landhaus wurde nach den Plänen Georg Anton
den Bürgermeister an der Spitze errichtet. Zum erstel
Bürgermeister wurde Felix von Riccabona ernannt. Der
Gumpps an der Stelle der alten Plattnerei in den Jahren
1725 bis 1728 errichtet. Die Wiltener Pfarrkirche — jetz
Musikverein wurde 1818, die Sparkassa 1822 begründet
Basilika — wurde 1751 bis 1755 von Franz de Paula Penz
Am 19. Februar 1823 werden die aus Mantua überführ
völlig neu aufgebaut.
en Gebeine Andreas Hofers in aller Stille im Serviten¬
kloster hinterlegt, von wo man sie zwei Tage später feierlich
Im Sommer 1765 erlebte Innsbruck wohl die prunkvollste
n die Hofkirche überträgt. Die dort aufgestellte Hofer¬
Feierlichkeit im Laufe seiner Geschichte, nämlich die Hoch
tatue von sohann Schaller wird 1834 enthüllt
zeit Erzherzog Leopolds, des späteren Kaisers Leopold II
nit der spanischen Infantin Maria Ludovica. Die Kaiseri
Kaiser Franz genehmigte 1823 den Gründungsplan für ein
Maria Theresia, ihr Gemahl Franz I. Stephan von Lothringen
tirolisch-vorarlbergisches Landesmuseum, dessen Protekto
er Sohn Josef (Kaiser Josef II.) und die gesamte kaiserlich
at der Kronprinz Ferdinand — daher „Ferdinandeum
Familie nahmen daran teil. Die Stadt hatte große Vorbe¬
übernimmt. Erst 1842 legt Erzherzog sohann den Grundstein
reitungen für einen würdigen Verlauf getroffen. Das Vor
für den Museumsbau, das 1845 eröffnet wird. Im alter
stadttor am Eingang in die Herzog-Friedrich-Straße wurd
Theater findet am 30. März 1844 die letzte Vorstellung statt
bgerissen, um den Hofkutschen die Einfahrt in die Altstad
der Neubau wird im April 1846 eröffnet. Von 1838 bis 1843
zu erleichtern. Die freigewordenen Steine wurden gleich¬
vird die Kettenbrücke erbaut.
zeitig zum Bau der heutigen Triumphpforte verwendet. Die
An den politischen und revolutionären Ereignissen de
mit Unrat und stinkenden Tümpeln gefüllten Stadtgräben
Jahres 1848 nahmen auch die Innsbrucker regen Antei.
wurden aufgeschüttet, die Gassen gesäubert und ausge¬
Studenten- und Schützenkompanien zogen gegen Italien. Zu
bessert.
rankfurter Nationalversammlung wurde der ständische
Die durch schlechtes Wetter beeinträchtigten Feste er
Archivar und Schriftleiter des „Boten für Tirol und Vorar
fuhren ein ebenso trauriges wie unerwartetes Ende, als am
berg“, Dr. sohann Schuler (geb. 1800), als Abgeordneter ent
8. August Kaiser Franz vom Schlage getroffen in den Armen
andt. Am 19. Mai trifft das geflüchtete Kaiserpaar in Inns
seines Sohnes, des Kaisers josef II., in der Hofburg ver¬
ruck ein, wo es bis zum 8. August bleibt. Die begeisterte
chied. Kaiserin Maria Theresia stiftete zur dauernden Er¬
Bevölkerung spannt bei der Mühlauer Brücke die Pferd
nnerung an das Ableben ihres geliebten Gemahls das
der Hofkutsche aus und zieht den Wagen im Triumph bis
delige Damenstift, das noch im selben Jahre 1765 eröffne
zur Hofburg.
wurde. Die erste Abtissin, Erzherzogin Elisabeth, eine Toch¬
Auf dem Weg zur Großstadt
ter der Kaiserin, erfreute sich als „kropfete Lisl“ bei der
Bevölkerung größter Beliebtheit.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte Inns
bruck im Zuge der rasch fortschreitenden allgemeinen Tech¬
Von jenem Jahr 1765 an trug der Hofportier sohann Pusch
isierung (Eisenbahn, Leuchtgas, Elektrizität) und der da
fleißig eine Stadtchronik zusammen, die sein Sohn, der
durch bedingten Zunahme des Reiseverkehrs die Umwand¬
Archivregistrant Gottfried
Pusch, bis 1865 weiterführte
ung von einer unbedeutenden Kleinstadt zu einem weitbe
Annalen des Klosters Wilten und der Stadt hatte der
kannten, modernen Fremdenerholungsort. Diese immer
Viltener Chorherr Adalbert Tschaveller in der ersten Hälfte
rascher werdende Entwicklung führt im 20. Jahrhundert, ab¬
des 18. Jahrhunderts verfaßt. Seit 1761 erschien die „Ynns¬
gesehen von den Rückschlägen infolge der beiden Welt¬
ruckerische (mondtägliche oder mittwochige) Ordinari Zei¬
kriege, bereits zur Größe einer 124.000 Einwohner zählenden
tung“
Großstadt
Zentrum der Landespolitik und Verwaltung
Die Einzelheiten der jüngsten Stadtgeschichte sind zum
Von 1784 an sollte ein Magistrat die Stadtverwaltung be¬
Großteil in der Chronik der Innsbrucker Bürgermeister (Seite
zen, der aus einem Bürgermeister, fünf geprüften Räten
18 —
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ten
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