Aus der Anfangszeit der NSDAP. in Innsbruck Ein Beitrag zur Parteigeschichte Tirol-Vorarlberg von Gauhauptamtsleiter Hans Hanak In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren hat sich das politische Bild unserer Gauhauptstadt so ge¬ waltig verändert, daß man den Umfang dieser Wandlung nur dann richtig ermessen kann, wenn man einen Blick auf die politischen Verhältnisse Innsbrucks wirft, wie sie etwa in den Jahren 1926 bis 1929 bestanden haben. Die großen Ereignisse der letzten Jahre haben überdies jene Zeit derart vergessen lassen, daß eine Erinnerung an dieselbe notwendig ist. Die damalige politische Zerrissenheit des deut¬ schen Volkes fand natürlich auch in Innsbruck ihr getreues Spiegelbild. Der Tiroler Landtag, wie auch der Innsbrucker Gemeinderat boten das trau¬ rige Bild wüster Parteidemagogie und Geschäfte¬ macherei. Die Parteifraktionen in den genannten Einrichtungen führten nach außen gesehen einen erbitterten Kampf, nach innen aber wurde gehan¬ delt und gefeilscht um Geschäft und Profit. Die Innsbrucker Wähler aber warteten vergeblich, daß die Männer ihres Vertrauens der ungeheuren Not dieser Zeit erfolgreich entgegentraten. In dieser trostlosen Zeit, die jede Hoffnung auf eine Wen¬ dung zum Besseren erlöschen ließ, fanden sich (wie in den übrigen Alpen- und Donaugauen) auch hier einige Männer zusammen, die auf Adolf Hitler eingeschworen waren und in ihren Herzen uner¬ schütterlich den Glauben an Deutschland trugen. Sie gründeten am 9. Oktober 1926 die Ortsgruppe Innsbruck der NSDAP. (Hitler-Bewegung). Es waren elf Männer, die in einem Nebenzimmer des Gasthofes „Weißes Kreuz“ in der Altstadt zusam¬ menkamen und im felsenfesten Glauben an Adolf Hitler einen kampferfüllten und opferreichen Weg begannen, dessen großes Ziel sie wohl mehr mit dem Herzen ersehnten als mit dem nüchternen Ver¬ stand als erreichbar vor sich sahen. Wohl gab es schon vorher in Tirol-Vorarlberg eine NSDAP., sie war aber nicht Adolf Hitler unterstellt und ging in einigen ganz wesentlichen Punkten andere Wege als die Bewegung unseres Führers. Es war klar, daß das Bestehen dieser NSDAP. — die nach ihrem ersten Vorsitzenden von uns kurz als Schulzpartei bezeichnet wurde — die ohnehin schon trostlose Lage der neugegrün¬ deten NSDAP. (Hitler-Bewegung) noch mehr ver¬ schlechterte. Im Anfang schwieg man uns Hitleranhänger ein¬ fach tot. Wir besaßen außer unserem fanatischen Glauben nicht die geringsten Mittel, um eine be¬ merkenswerte Tätigkeit in der öffentlichkeit zu entfalten. Unser erster Versuch, in die Offentlich¬ keit zu treten, war eine Versammlung, die wir in Wilten im „Österreichischen Hof“ am 10. Februar 1927 mit einem auswärtigen Redner abhielten. Das Ergebnis war kläglich. Außer unseren wenigen Parteigenossen und einigen von diesen mitgebrach¬ ten Volksgenossen kam niemand in die Versamm¬ lung. Anstatt dessen hatten wir nur Schulden. Die wenigen Schillinge, die unser „Gauschatzmeister“ in der „eisernen Kasse“ (Zigarettenblechschachtel) hatte, reichten nicht einmal aus, um die Bahn¬ spesen des Versammlungsredners zu bezahlen. Nun war auf mehrere Monate jede Versammlungstätig¬ keit unmöglich. Dieser erste Mißerfolg machte uns jedoch erst recht verbissen. Wir kamen jeden Samstag zu unserem Sprechabend zusammen. Es wurde unermüdlich für die SA., deren Grundstein schon bei der Ortsgruppengründung gelegt wurde, geworben. Jeder neue Volksgenosse, der sich zu unseren Sprechabend verirrte, wurde mit Freude begrüßt. Der Beitritt eines neuen Parteigenossen war bereits ein Ereignis. Aber Samstag für Sams¬ tag wiederholte sich das Spiel und wenn auch manche wieder abfielen, weil ihnen die Bewegung nicht fein genug oder zu radikal war oder zuviel Opfer verlangte, so stieg trotzdem langsam, lang¬ sam die Mitgliederzahl und verstärkte so schritt¬ weise unsere Kampfkraft. Unsere Sprechabende fanden in der ersten Zeit im „Weißen Kreuz“ statt, dann in der Goethestube (Gasthof „Goldener Adler“) und später beim „Grauen Bären“. Die Besucherzahl stieg im ersten Jahr von zehn auf etwa dreißig Per¬ sonen, eine kleine Zahl, aber soviel waren immer da und ließen sich trotz der aussichtslosen Lage nicht im geringsten von ihrem Glauben an den Sieg der Bewegung abbringen. Zur Sonnenwende 1927 brannte die SA. unterhalb der Sattelspitzen ein großes Hakenkreuz ab. We¬ nige Wochen später stellte sie sich zur Nieder¬ schlagung der roten Revolte (15. Juli 1927) als Hilfspolizei zur Verfügung. So wurde der damals etwa zwanzig Mann starke Trupp unserer SA. mit Gewehren bewaffnet und beteiligte sich an der Räumung des Hauptbahnhofes vom republikani¬ schen Schutzbund. Bei der Gliederung der SA. in den Alpen- und Donaugauen erhielt unsere Tiroler SA.-Einheit die Bezeichnung „Sturm 10“ Die erste öffentliche Versammlung, die wir nach dem Mißerfolg vom Februar abhalten konnten, wurde für den 6. August im „Goldenen Adler“ fest¬ gesetzt. Sie war ein erster bescheidener Erfolg und der Lohn für monatelange mühevolle Kleinarbeit. Es war damals sehr schwer, Volksgenossen in eine NS.-Versammlung zu bringen. Es bestanden viele