Innsbrucker*innen

Adressbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert

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Städtische Wohnungs=Desinfektion.
Krankentransport.
Die Rettungsabteilung besorgt auch Transporte
von Kranken sowohl im Stadtgebiete, als auch
von und nach auswärts. Zu diesem Behufe stehen
drei Krankentransportwagen, sowie Räderbahren
zur Verfügung.
Krankentransporte werden nur gegen eine vom
behandelnden Arzte ausgefertigte Bestätigung, daß
der Kranke transportfähig ist und an keiner Infek¬
tionskrankheit leidet, ausgeführt, und wird hiefür
eine Gebühr eingehoben, welche bei Unbemittelten
auf die eigenen Kosten erniedrigt wird.
Krankentransporte werden auch in weiter ent¬
legenen Orten oder Städten übernommen und von
und nach allen Richtungen ausgeführt. Im allge¬
meinen sollen sie mindestens 1 bis 2 Stunden vor¬
her bei der Rettungsabteilung angemeldet werden,
weitere Transporte entsprechend früher.
Vom Transporte sind Infektionskranke vollstän¬
dig ausgeschlossen. (Siehe unten: Transport bei
ansteckenden Krankheiten).
Transportmittel in den Polizeiwachstuben.
Näderbahren befinden sich in der Hauptwache
(Rathaus) und in den Polizeistationen Wilten, Lie¬
beneggstraße 2 und Pradl, Egerdachstraße 13, Trag¬
bahren in dem Wachzimmer Innstraße und Saggen
(Viaduktstraße).
Diese Transportmittel können unter Beibringung
der erforderlichen zwei Träger (Dienstmänner) mit¬
telst einer Bestätigung des behandelnden Arztes, daß
eine infektiöse Erkrankung ausgeschlossen ist, bean¬
sprucht werden. Die Partei haftet für die richtige
Zurücklieferung der Bahre.
Transport bei ansteckenden Krankheiten.
Die Ueberführung derartiger Kranken ist nur nach
dem Krankenhause (Infektionsabteilung) gestattet und
hat ausschließlich mit den eigens dafür bestimmten
Wägen zu geschehen, welche in der Aufnahms¬
kanzlei des allgemeinen Krankenhauses (Telephon
Nr. 99) unter Angabe der Krankheit zu beanspruchen
sind. Die Ueberführung wird nach dem Fiakertarife
berechnet.
Im Falle, daß zum Transporte derartiger Kranker
andere Wägen zur Benützung gelangten, werden diese
behufs Desinfektion für ungefähr 12—24 Stunden im
Krankenhause zurückbehalten und stehen dem Wagen¬
besitzer keine Schadenersatzansprüche an die Stadt¬
gemeinde zu.
Stellenvermittlung für Privat-Krankenpflegepersonen.
Die Rettungsabteilung führt einen Nachweis
für Privat=Krankenpflegepersonen beiderlei Ge¬
schlechts und können solche mündlich, telephonisch
oder schriftlich für hier oder auswärts zu jeder
Zeit in der Rettungsstation angesprochen werden.
Städtische Wohnungs=Desinfektion.
Der Einwohnerschaft ist Gelegenheit gegeben, die
von ansteckenden Kranken benützten Räume und Ge¬
genstände durch städtische Organe desinfizieren zu
lassen. Die Wahl des im einzelnen Fall anzuwen¬
den Desinfektionsverfahrens richtet sich nach der
Krankheit. Das Institut der Wohnungsdesinfektion
steht unter der Oberaufsicht des Stadtphysikates.
1. Bei den meisten Krankheiten erfolgt die Des¬
infektion des Zimmers mittels Entwicklung von For¬
malingasdämpfen. Bei diesem Verfahren verbleiben
Gebrauchsgegenstände jeglicher Art im Zimmer und
unter dem desinfizierenden Einflusse des Formalin¬
gases. Insbesondere werden Kleider, Betten usw.
im Zimmer aufgehängt. Nur Pflanzen und lebende
Tiere müssen entfernt werden.
2. Die Formalingasdesinfektion findet Anwen¬
dung bei Fällen von Diphtherie, Scharlach, Ma¬
sern, Tuberkulose, Influenza und Keuchhusten.
3. Bei Pocken und Pest ist neben der Formalindes¬
infektion die Desinfektion der Betten und Kleider
im Dampfapparat des städtischen Krankenhauses er¬
forderlich. Bei Typhus, Cholera und Ruhr ist in
erster Linie die Dampfdesinfektion der Betten,
Wäsche, Kleider und Abwaschungen des Bodens usw.
mit desinfizierenden Lösungen unentbehrlich, ebenso
bei Kindbettfieber und Wundkrankheiten („septi¬
schen Krankheiten").
4. Es wird daher empfohlen, nicht etwa nur ein¬
zelne Gegenstände, Betten usw. zur Desinfektion weg¬
zugeben, sondern stets die Desinfektion des ganzen
Zimmers zu beantragen. Wo bei beweglichen Gegen¬
ständen die Vornahme der Dampfdesinfektion, welche
in der Desinfektionsanstalt des städtischen Kranken¬
hauses stattfindet, angezeigt oder gewünscht wird,
en dieselben stets von dem städtischen Personal
im Desinfektionswagen abgeholt und nach der Desin¬
fektion nach der Wohnung zurückgebracht. Die Ein¬
lieferung von infizierten Sachen in die Desinfektions¬
anstalt durch die Interessenten selbst ist aus hygie¬
nischen Gründen unstatthaft; ebenso sollten aus den
zu desinfizierenden Zimmern vor der Desinfektion
keinerlei Gegenstände entfernt, vielmehr die Zimmer
in der Zwischenzeit unter Verschluß gehalten werden.
5. Anmeldungen zur Desinfektion haben schriftlich
mittels eigener den praktischen Aerzten zugeteilter
Formulare oder auch mündlich beim Stadtphysikate,
Rathaus III. Stock, allenfalls auch telephonisch
(Nr. 583) gegen nachträgliche Einsendung des unter¬
fertigten Formulares zu erfolgen.
6. Die Desinfektionen werden nach Möglichkeit
noch am gleichen Tage oder spätestens am folgenden
ausgeführt, sie können aber auch einige Tage vor¬
ausbestellt werden.
7. Die Kosten belaufen sich für ein Zimmer je nach
Größe auf 7—14 Kronen und werden vom Stadt¬
magistrate nachträglich eingefordert. Für eventuelle
Benützung der Dampfdesinfektionsanstalt im Kran¬
kenhaus für Kleider (Effekten usw.) wird eine dem
Kostenaufwande entsprechende Gebühr eingehoben.
Die Kosten der über Anordnung des Stadtphysikates
bei Unbemittelten vorgenommenen Desinfektionen
werden vom Stadtmagistrate übernommen.
8. Die Desinfektion in jeder Form wird in der
sorgsamsten und schonendsten Weise ausgeführt. Doch
kann für etwa vorkommende Beschädigungen kein
Ersatz geleistet werden.