310 Auszug aus der Dienstbotenordnung. § 29. In welchen Fällen der Dienstbote den Dienst vor der Zeit verlassen kann. Der Dienstbote kann den Dienst vor der Zeit verlassen: 1. Wenn er ohne Schaden für seine Gesundheit dem Dienste nicht weiter vorzustehen vermag. 2. Wenn der Dienstgeber den Dienstboten gröblich mißhandelt oder in anderer Weise die Grenzen der ihm zustehenden häuslichen Zucht überschreitet. 3. Wenn der Dienstgeber den Dienstboten zu unsittlichen oder gesetzwidrigen Handlungen oder zu Handlungen gegen die kirchlichen Vorschriften ver¬ leitet oder zu verleiten sucht, oder ihn vor solchen Zumutungen gegen Hausgenossen oder Personen, die im Hause aus= und eingehen, zu schützen verweigert. 4. Wenn der Dienstgeber auf länger, als die Dienstzeit noch zu dauern hat, eine Reise zu unter¬ nehmen im Begriffe steht oder seinen ständigen Wohn¬ sitz in einem anderen entfernten Orte aufschlägt und in diesen Fällen den Dienstboten gegen dessen Willen mitnehmen will. 5. Wenn die Eltern des Dienstboten infolge plötzlicher Erkrankung denselben zur Pflege dringend benötigen, oder wenn eine andere wichtige Ange¬ legenheit des Dienstboten dessen sofortige längere Anwesenheit an einem anderen Orte dringend not¬ wendig macht. Der Dienstgeber kann jedoch in den Fällen ad 1 und 5 verlangen, daß der Dienstbote nach dem Auf¬ hören der Ursachen seiner Entfernung in den Dienst wieder zurückkehre, wenn die Dienstzeit noch nicht abgelaufen ist. Die Gründe des Austrittes müssen jedoch dem Gemeindevorsteher angezeigt, und falls sie vom Dienstgeber widersprochen würden, glaubwürdig dar¬ getan werden. Ohne Bewilligung des Gemeindevorstehers darf der Dienstbote den Dienst nicht verlassen, den Fall einer augenscheinlichen Gefahr des Lebens oder einer Beschädigung ausgenommen. In den Fällen ad 2 und 3 ist dem Dienstboten Lohn und Kost für die noch übrige Dienstzeit, und wenn diese länger als ein Vierteljahr dauert, für drei Monate zu vergüten (§ 7). In den Fällen ad 1, 4 und 5 kann Kost und Lohn nur bis zum Austritte aus dem Dienste ge¬ fordert werden. § 30. Der Dienstbote kann den Dienst vor der Zeit, jedoch bei ganzjährigen Diensten nur nach vorange¬ gangener sechswöchentlicher, bei kürzerer Dienstzeit aber nach vorangegangener vierzehntägiger Auf¬ kündigung verlassen: 1. Wenn der weibliche Dienstbote zur Verehe¬ lichung und der männliche zum Antritte einer eigenen Wirtschaft oder eines eigenen Gewerbes vorteilhafte Gelegenheit erhält, welche durch Ablauf der Dienst¬ zeit versäumt werden würde. 2. Wenn die Ueberkommung einer Erbschaft die längere Anwesenheit des Dienstboten an einem an¬ deren Orte notwendig macht. 3. Wenn die Eltern des Dienstboten wegen einer erst nach Antritt des Dienstes vorgefallenen Ver¬ änderung ihrer Umstände desselben zur Führung ihrer Wirtschaft oder ihres Gewerbes nicht ent¬ behren können. Auch diese Gründe müssen dem Gemeindevorsteher angezeigt und beim Widerspruche des Dienstgebers glaubwürdig dargetan werden, und darf der Dienst¬ bote sich ohne Bewilligung des Gemeindevorstehers nicht entfernen. Unter Beobachtung dieser Vorschrift kann der Dienstbote im Falle der Dringlichkeit die Entlassung selbst vor Ausgang der sechswöchentlichen, bezw. vier¬ zehntägigen Aufkündigungsfrist verlangen, wenn er statt seiner einen tauglichen Dienstboten stellt und sich mit demselben wegen Kost und Lohn für diese Zeit ohne Schaden des Dienstgebers abfindet. S 32. Wenn ein Dienstbote ohne gesetzmäßigen Grund vor der Zeit entlassen wird. Der Dienstgeber, der ohne gesetzmäßigen Grund (§ 28) einen Dienstboten ohne Aufkündigung und vor Ablauf der Dienstzeit entläßt, kann zwar nicht genötigt werden, denselben gegen seinen Willen wieder aufzunehmen er ist aber verpflichtet, ihm Lohn und Kost für die noch übrige Dienstzeit, und wenn diese noch länger als ein Viertelaihr dauert, für drei Monate zu vergüten (§ 7) und den allfälligen übri¬ gen Schaden zu ersetzen. S 33. Wenn ein Dienstbote den Dienst ohne gesetz¬ mäßigen Grund vor der Zeit verläßt. Dienstboten, die vor Ablauf der Dienstzeit ohne gesetzmäßigen Grund den Dienst eigenmächtig ver¬ lassen, sind dem Gemeindevorsteher anzuzeigen, von diesem zu verfolgen und auf Verlangen des Dienst¬ gebers selbst durch Zwang zur Rückkehr in den Dienst anzuhalten. Sie sind überdies strenge zu bestrafen und verpflichtet, den aus der unerlaubten Dienstes¬ verlassung entstandenen Schaden zu ersetzen. Will der Dienstgeber den entlaufenen Dienstboten nicht wieder aufnehmen, so kann er statt desselben einen anderen Dienstboten aufdingen und von dem entlaufenen die Vergütung der dadurch verursachten Mehrkosten verlangen. § 36. Aufbewahrung der Dienstbotenbücher. Der Dienstgeber darf einen Dienstboten, der kein Dienstbotenbuch besitzt, in den Dienst nicht eintreten lassen. Beim Antritte des Dienstes ist das Dienstboten¬ buch dem Dienstgeber auszufolgen und von demselben in sorgsame Aufbewahrung zu nehmen. Nach Verlauf der halben Dienstzeit kann der Dienstbote die Herausgabe des Dienstbotenbuches fordern, wenn er desselben zur Erlangung eines neuen Dienstes bedarf. (§ 4.) Vor der Rückstellung desselben hat er keinen Anspruch auf die Bezahlung des laufenden Lohnes. S 37. Dienstzeugnisse. Beim Dienstaustritte hat der Dienstgeber dem Dienstboten ein wahrheitsgetreues Zeugnis in der betreffenden Rubrik des Dienstbotenbuches auszu¬ stellen. Verweigert der Dienstgeber die Ausstellung eines Zeugnisses, oder ist der Dienstbote mit dem Inhalte desselben nicht zufrieden, so hat der Gemeindevor¬ steher, nach Einvernehmung beider Teile, die für das Zeugnis bestimmte Rubrik auszufüllen und das Gemeindesiegel beizudrücken.