282 Verkehrs= und straßenpolizeiliche Vorschriften. § 46. In geschlossenen Ortschaften darf die Geschwindig¬ keit keinesfalls größer sein, als 15 Kilometer pro Stunde (Geschwindigkeit eines leichten schnellen Fuhr¬ werkes). Außerhalb der geschlossenen Ortschaften darf die Fahrgeschwindigkeit nicht über 45 Kilometer pro Stunde gesteigert werden. Keinesfalls schneller als mit 6 Kilometer pro Stunde (Tempo eines Pferdes im Schritt) darf ge¬ fahren werden; wenn starker Nebel die Fernsicht verhindert sowie an solchen Stellen, wo die Straße nicht überblickt werden kann, wie insbesondere an Kreuzungen, bei starken Straßenkrümmungen, beim Einfahren in Tore, Herausfahren aus Häusern, dann auf Brücken, in schmalen Gassen, wo zwei Wagen nicht nebeneinander vorbeifahren können, bei außer¬ gewöhnlich starkem Verkehr und bei größeren Men¬ schenansammlungen. S 47. Bei Fahrten in geschlossenen Ortschaften muß der Auspuff durch einen Schalldämpfer ins Freie gelei¬ tet werden. § 48. 1 Das Warnungszeichen ist im Bedarfsfalle stets rechtzeitig zu geben. Außerhalb geschlossener Ortschaften können außer der vorgeschriebenen Signalhuppe auch andere Sig¬ nalvorrichtungen (Fanfarentrompete, Signalpfeife, Sirene u. dgl.) verwendet werden. Das Abgeben von Warnungszeichen, die Aehnlich¬ keit mit militärischen oder mit Feuersignalen haben, ist verboten. § 49. Die Kennzeichen und Unterscheidungszeichen auf den Kraftfahrzeugen sind in gutem Zustande und gut lesbar zu erhalten. Sie dürfen während der Fahrt weder ganz noch teilweise verdeckt werden. Nötigen¬ falls sind sie während der Fahrt öfter vom Staub oder Straßenschmutz zu reinigen. § 50. Die auf Automobilen und Motorzügen an der Rückseite angebrachten Kennzeichen und Unterschei¬ dungszeichen sind, wenn sich das Fahrzeug zur Nacht¬ zeit auf öffentlichen Verkehrswegen befindet, hell zu beleuchten oder durch eine transparente Aufschrift zu ersetzen. Dasselbe gilt für Motorräder dann, wenn sie an der Rückseite mit dem Kennzeichen versehen sein müssen (§ 32, Alinea 4, und § 36). Die Beleuchtung hat derart zu erfolgen, daß alle Zeichen deutlich sichtbar sind, daß keine Blendung des Beschauers erfolgt und daß die Lampe, welche mit farblosen Gläsern zu versehen ist, gleichzeitig auch als Deckungslicht dient. § 51. Der Führer darf das Fahrzeug nicht verlassen, bevor er die Maschine abgestellt, die Bremse ange¬ zogen und Vorsorge getroffen hat, daß das Fahr¬ zeug nicht von Unberufenen in Bewegung gesetzt werden kann. § 52. Der Führer eines Kraftfahrzeuges hat das amt¬ liche Zertifikat über die Genehmigung seines Fahr¬ zeuges, beziehungsweise der Type (§§ 18, 19 und 43), seinen Führerschein und die die Kennzeichen ent¬ haltende Ausfertigung, beziehungsweise den inter¬ nationalen Fahrausweis (§ 38) oder die behördliche Erlaubnis (§ 42) auf der Fahrt stets mit sich zu führen und über behördliches Verlangen vorzuweisen. Auf Verlangen der Sicherheits= oder Straßen¬ aufsichtsorgane ist der Führer verpflichtet, sofort an¬ zuhalten, desgleichen auch bei einem durch sein Fahr¬ zeug hergerufenen Unfalle oder bei einer durch das¬ selbe herbeigeführten Sachbeschädigung. Ist bei einem derartigen Unfalle eine Verletzung einer Person eingetreten, so hat der Führer für die nötige Hilfe nach Möglichkeit Sorge zu tragen. § 53. Die Besitzer von Kraftfahrzeugen haben für die entsprechende Instandhaltung der für den sicheren Betrieb des Fahrzeuges wichtigen Bestandteile Sorge zu tragen. Sie sind dafür verantwortlich, daß ihre Fahr¬ zeuge nur von solchen Personen geführt werden, welchen dies nach den Bestimmungen dieser Ver¬ ordnung gestattet ist. § 54. Wettfahrten mit Kraftfahrzeugen sind nur mit Bewilligung der politischen Landesbehörde gestattet, welche die beteiligten Lokalbehörden einzuvernehmen hat. 8. Abschnitt. Schlußbestimmungen. § 55. Uebertretungen der Vorschriften dieser Verord¬ nung sind, insoferne sie nicht unter das allgemeine Strafgesetz fallen, nach der Ministerialverordnung vom 30. September 1857, R. G. Bl. Nr. 198, zu bestrafen. § 56. Diese Verordnung tritt am 1. Mai 1910 in Kraft. Im gleichen Zeitpunkte tritt die Ministerialver¬ ordnung vom 27. September 1905, R. G. Bl. Num¬ mer 156, außer Kraft. § 57. Die vor Erlassung dieser Verordnung auf Grund der bisherigen Vorschriften angestellten Fahrlizen¬ zen zur selbstständigen Lenkung von Kraftfahr¬ zeugen und Zertifikate über die Prüfung und Ge¬ nehmigung von Kraftfahrzeugen behalten auch wei¬ terhin ihre Gültigkeit. § 58. Die nach den bisherigen Vorschriften zum öffent¬ lichen Verkehre zugelassenen Kraftfahrzeuge sind binnen drei Monaten vom Tage des Inkrafttretens dieser Verordnung mit den im § 12 vorgeschriebenen Schildern zu versehen. § 59. Die Anwendung der in den Gesetzen über die Straßenpolizei enthaltenen Bestimmungen auf Kraft¬ fahrzeuge sowie die Anwendung der Vorschriften über die Erprobung und periodische Untersuchung von Dampfkesseln, über die Sicherheitsvorkehrungen gegen Dampfkesselexplosionen und über den Nachweis der Befähigung zur Bedienung und Ueberwachung von Dampfkesseln und Dampfmaschinen wird durch die gegenwärtige Verordnung nicht berührt.