288 Vorschriften über den Verkehr mit Milch. § 2. Voll= und Magermilch, welche den An¬ forderungen des § 1 nicht entspricht, oder welche im Sinne des Lebensmittelgesetzes als verdorben (Ver¬ färbung, Säuerung) angesehen werden muß, endlich Milch, welche nicht frei von jeder Verunreinigung ist, ist als nicht marktfähig vom freien Verkehr im Stadt¬ gebiete ausgeschlossen und unterliegt der Behandlung im Sinne des § 8 dieser Verordnung. § 3. Magermilch darf nur in Gefäßen in Verkehr gesetzt werden, welche mit einem mindestens 5 Zenti¬ meter breiten gelben Farbenstreifen um den ganzen Umfang gelennzeichnet sind. Derartig gekennzeichnete Gefäße dürfen für Vollmilch nicht verwendet werden. § 4. Milch von kranken oder solchen Kühen, welche erst innerhalb der letzten 14 Tage gekälbert haben (Collostrum= oder Biestmilch) darf nicht ver¬ kauft werden. § 5. Es ist strenge verboten, die zur Aufnahme der Milch bestimmten Gefäße zu anderen Zwecken zu verwenden. Auch ist es verboten, Abendmilch und Morgenmilch in gemischtem Zustande zum Verkaufe zu bringen. § 6. Die Milchwägen müssen durch deutliche Aufschrif¬ ten, welche Namen und Wohnort des Verkäufers ent¬ halten, gekennzeichnet sein. Wird die Milch in Trag¬ gefäßen eingeführt, so müssen diese mit den Auf¬ schriften versehen sein. S 7. Die Durchführung der Kontrolle über den gesam¬ ten Verkehr mit Milch obliegt den vom Stadtmagi¬ strate hiezu bestimmten Organen. Deren Aufgabe ist es: a) Gelegentlich der Einfuhr der Milch und in den Milchgeschäften Proben zu entnehmen, diese nach Vorschrift zu untersuchen, im Falle der Beanständung sofort an den Stadtmagi¬ strat die Anzeige zu erstatten und Vorsorge zu treffen, daß die nicht als marktfähig erkannte Milch nicht mehr in freien Verkehr gesetzt werde. b) Von Parteien überbrachte Milchproben über deren Verlangen auf den Fettgehalt und das spezifische Gewicht zu untersuchen, für welche Untersuchung von der Partei eine Gebühr von 2 Kronen eingehoben wird. c) Soferne sie Tierärzte sind, jene Milchwirt¬ schaftsbetriebe einschließlich der Stallungen im Stadtgebiete, aus welchen Milch gegen Ent¬ gelt abgegeben wird, nach Bedarf hinsichtlich des Gesundheitszustandes der Milchtiere, sowie der gesamten Milchbehandlung zu untersuchen und beim Stadtmagistrate Anträge auf Ab¬ stellung vorgefundener Uebelstände zu stellen. § 8. Kuhmilch, welche dieser Verordnung nicht ent¬ spricht, wird, a) wenn sie zwar nicht gesundheitsschädlich, jedoch verunreinigt, von Natur aus minderwertig oder absichtlich verfälscht ist, unter Kontrolle der Aufsichtsorgane und unter genauer An¬ gabe ihrer Beschaffenheit auf Rechnung und Kosten des Eigentümers öffentlich verkauft. Der Verkaufspreis darf den marktgängi¬ gen Preis der Magermilch, das ist die Hälfte des Preises der Vollmilch, nicht übersteigen. b) wenn sie gesundheitsschädlich ist, der Vernich¬ tung zugeführt. § 9. Milch darf nur dann unter der Bezeichnung Kin¬ dermilch, Säuglingsmi.ch usw. verkauft werden, wenn der Viehstand und die gesamte Milchwirtschaft des betreffenden Produzenten einer ständigen tierärztlichen Kontrolle unterstellt und diese Tatsache durch ein Zeugnis des Stadtmagistrates bestätigt ist. § 10. Uebertretungen dieser Verordnungen werden, so¬ ferne sie nicht unter das allgemeine Strafgesetz fal¬ len, oder nach anderen Gesetzen strafbar sind vom Stadtmagistrate mit Geldstrafen bis zu 200 Kronen oder mit Arrest bis zu 20 Tagen geahndet. § 11. Strafgerichtliche Verurteilungen, welche aus An¬ laß der beim Milchverkaufe im Stadtbezirke began¬ genen Gesetzesverletzungen erfolgen, werden in den Tagesblättern veröffentlicht. (Magistratskundmachungen vom 14. Februar 1906 und 23. Mai 1908.) 2. Verkehr mit Kindermilch Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Innsbruck hat mit Beschluß vom 6. April 1907 in Ergänzung des § 9 der Milchordnung auf Grund der §§ 33 und 56 des Gemeindestatutes hinsichtlich des Ver¬ akufs von Kindermilch, Säuglingsmi.ch, Kurmilch und dergleichen nachstehendes verordnet: Die Lieferung von Milch, welche unter besonderen Namen, wie Kindermilch, Säuglingsmilch, Kurmilch oder dergleichen in den Handel gebracht wird, ist nur jenen Personen gestattet, welche zu diesem Behufe eine Erlaubnis (Lizenz) vom Stadtmagistrate erwor¬ ben haben. Die Erteilung der Lizenz ist von der Er¬ füllung nachstehender Bedingungen abhängig: 1. Der Stall, in welchem die Milchtiere (Kühe, Schafe, Ziegen, Stuten) untergebracht sind, muß hell, trocken und gut gelüftet sein. Von menschlichen Wohnungen getrennt, darf er höchstens eine für die Stallinspektion bestimmte Schlafstelle aufweisen. Auch muß der Stall von den anderen Stallräumen ge¬ trennt sein. 2. Der Fußboden muß undurchlässig, die Wände müssen auf mindestens 1½ Meter waschbar sein. Die Futterbarren sind aus waschbarem Materiale (glasiertem Ton, emailliertes Eisen und dergleichen) herzustellen. 3. Die Stände für die Milchtiere müssen wo¬ möglich erhöht und dürfen bei Kühen nicht länger als 2 Meter sein, damit eine Verschmutzung mit Erkrementen vermieden werde. Für die Ablagerung des Düngers ist ein etwas vertiefter Raum von 40—50 Zentimeter freizulassen, der gegen die offene breite Jauchenrinne ein schwaches Gefälle hat. 4. Es ist für eine gute Beleuchtung des Stalles Vorsorge zu treffen. 5. Gegen die Fliegenplage müssen Vorkehrungen wie Fliegengitter, Leimspindeln usw. vorhanden sein. 6. Es ist vorzusorgen, daß die melkenden Per¬ sonen sich die Hände in fließendem Wasser mit Seife waschen können.