Innsbrucker*innen

Adressbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert

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214
Auszug aus der Dienstboten=Ordnung.
War dem Dienstboten bereits von dem Verstorbenen
der Dienst aufgekündigt, so gebührt demselben diese
Entschädigung nur für jene geringere Zeit, für welche
der Dienstvertrag noch zu dauern gehabt hätte.
§ 28.
In welchen Fällen der Dienstgeber den Dienstboten
sogleich entlassen kann.
Der Dienstgeber kann den Dienstboten ohne Auf¬
kündigung sofort entlassen:
1. Wenn der Dienstbote zur Verrichtung des Dien¬
stes, für welchen er aufgenommen wurde, aus was
immer für einer Ursache unbrauchbar ist;
2. Wenn er seine Dienstpflichten gröblich verletzt,
insbesondere den Befehlen des Dienstgebers oder des
bestellten Aufsehers über das Dienstpersonale wiederholt
Ungehorsam oder Widerspenstigkeit entgegensetzt;
3. Wenn er den Dienstgeber oder dessen Angehörige
oder den bestellten Aufseher über das Dienstpersonale
durch Tätlichkeiten, durch Schimpf= und Schmähworte
oder ehrenrührige Nachreden beleidigt, die Mitdienst¬
boten gegen den Dienstgeber oder gegen einander auf¬
hetzt, oder überhaupt den Hausfrieden boshafter Weise
zu stören sucht;
4. Wenn er sich des Diebstahles, des Betruges
oder der Veruntreuung schuldig macht oder Andere
hiezu verleitet oder die wahrgenommenen Entwen¬
dungen, Betrügereien oder Veruntreuungen von Mit¬
dienstboten dem Dienstgeber nicht anzeigt;
5. Wenn er ungeachtet vorausgegangener Warnung
mit Feuer und Licht unvorsichtig umgeht, das ihm an¬
vertraute Vieh durch schlechte Wartung Schaden neh¬
men läßt oder mißhandelt, oder aus Bosheit, Mut¬
willen oder grober Nachlässigkeit das Eigentum des
Dienstgebers beschädigt;
6. Wenn er auf Rechnung des Dienstgebers ohne
dessen Vorwissen Geld oder Waren borgt;
7. Wenn er auf länger als acht Tage gefänglich
eingezogen wird;
8. Wenn er der Trunkenheit, dem Spiele oder
andern Arten der Ausschweifung und Unsittlichkeit
sich ergibt, durch Außerachtlassung kirchlicher Vor¬
schriften Aergernis in oder außer dem Hause gibt,
insbesondere wenn er die Kinder oder Verwandten des
Dienstgebers dazu zu verleiten sucht;
9 Wenn er ohne Erlaubnis des Dienstgebers über
Nacht ausbleibt oder Fremde übernachten läßt (§ 14)
oder sonst die häusliche Ordnung gröblich verletzt;
10. Wenn er ohne Verschulden des Dienstgebers über
3 Wochen krank ist.
Der Dienstbote hat in diesen Fällen nur Lohn und
Kost bis zum Zeitpunkte seiner Entlassung zu fordern,
unbeschadet der dem Dienstgeber etwa zustehenden Ent¬
schädigungs=Ansprüche.
§ 29.
In welchen Fällen der Dienstbote den Dienst vor
der Zeit verlassen kann.
Der Dienstbote kann den Dienst vor der Zeit ver¬
lassen:
1. Wenn er ohne Schaden für seine Gesundheit
dem Dienste nicht weiter vorzustehen vermag.
2. Wenn der Dienstgeber den Dienstboten gröblich
mißhandelt oder in anderer Weise die Grenzen der
ihm zustehenden häuslichen Zucht überschreitet.
3. Wenn der Dienstgeber den Dienstboten zu un¬
sittlichen oder gesetzwidrigen Handlungen oder zu
Handlungen gegen die kirchlichen Vorschriften verleitet
oder zu verleiten sucht, oder ihn vor solchen Zumu¬
tungen gegen Hausgenossen oder Personen, die im Hause
aus= und eingehen, zu schützen verweigert.
4. Wenn der Dienstgeber auf länger, als die Dienst¬
zeit noch zu dauern hat, eine Reise zu unternehmen
im Begriffe steht oder seinen ständigen Wohnsitz in
einem andern entfernten Orte aufschlägt und in diesen
Fällen den Dienstboten gegen dessen Willen mitneh¬
men will.
5. Wenn die Eltern des Dienstboten in Folge plötz¬
licher Erkrankung denselben zur Pflege dringend be¬
nötigen, oder wenn eine andere wichtige Angelegenheit
des Dienstboten dessen sofortige längere Anwesenheit
an einem andern Orte dringend notwendig macht.
Der Dienstgeber kann jedoch in den Fällen ad 1
und 5 verlangen, daß der Dienstbote nach dem Auf¬
hören der Ursachen seiner Entfernung in den Dienst
wieder zurückkehre, wenn die Dienstzeit noch nicht ab¬
gelaufen ist.
Die Gründe des Austrittes müssen jedoch dem Ge¬
meindevorsteher angezeigt, und falls sie vom Dienst¬
geber widersprochen würden, glaubwürdig dargetan
werden.
Ohne Bewilligung des Gemeindevorstehers darf der
Dienstbote den Dienst nicht verlassen, den Fall einer
augenscheinlichen Gefahr des Lebens oder einer Be¬
schädigung ausgenommen.
In den Fällen ad 2 und 3 ist dem Dienstboten
Lohn und Kost für die noch übrige Dienstzeit, und
wenn diese länger als ein Vierteljahr dauert, für drei
Monate zu vergüten (§ 7).
In den Fällen ad 1, 4 und 5 kann Kost und Lohn
nur bis zum Austritte aus dem Dienste gefordert
werden.
§ 30.
Der Dienstbote kann den Dienst vor der Zeit, jedoch
bei ganzjährigen Diensten nur nach vorangegangener
sechswöchentlicher, bei kürzerer Dienstzeit aber nach
vorangegangener vierzehntägiger Aufkündigung ver¬
lassen:
1. Wenn der weibliche Dienstbote zur Verehelichung
und der männliche zum Antritte einer eigenen Wirt¬
schaft oder eines eigenen Gewerbes vorteilhafte Ge¬
legenheit erhält, welche durch Ablauf der Dienstzeit ver¬
säumt werden würde.
2. Wenn die Ueberkommung einer Erbschaft die
längere Anwesenheit des Dienstboten an einem anderen
Orte notwendig macht.
3. Wenn die Eltern des Dienstboten wegen einer
erst nach Antritt des Dienstes vorgefallenen Verände¬
rung ihrer Umstände desselben zur Führung ihrer
Wirtschaft oder ihres Gewerbes nicht entbehren können.
Auch diese Gründe müssen dem Gemeindevorsteher
angezeigt und beim Widerspruche des Dienstgebers
glaubwürdig dargetan werden, und darf der Dienst¬
bote sich ohne Bewilligung des Gemeindevorstehers
nicht entfernen.
Unter Beobachtung dieser Vorschrift kann der Dienst¬
bote im Falle der Dringlichkeit die Entlassung selbst
vor Ausgang der sechswöchentlichen, beziehungsweise
vierzehntägigen Aufkündigungsfrist verlangen, wenn er
statt seiner einen tauglichen Dienstboten stellt und
sich mit demselben wegen Kost und Lohn für diese
Zeit ohne Schaden des Dienstgebers abfindet.
S 32.
Wenn ein Dienstbote ohne gesetzmäßigen Grund vor
der Zeit entlassen wird.
Der Dienstgeber, der ohne gesetzmäßigen Grund
(§ 28) einen Dienstboten ohne Aufkündigung und vor
Ablauf der Dienstzeit entläßt, kann zwar nicht genötigt
werden, denselben gegen seinen Willen wieder aufzu¬
nehmen, er ist aber verpflichtet, ihm Lohn und Kost für
die noch übrige Dienstzeit, und wenn diese noch länger
als ein Vierteljahr dauert, für drei Monate zu vergüten
(§ 7) und den allfälligen übrigen Schaden zu ersetzen.