Verordnung des Statthalters vom 6. Mai 1903. Städtische Dienstboten=Krankenversicherungskasse. 211 Verordnung des k. k. Statthalters vom 6. Mai 1903, Z. 17.889, be¬ treffend die Bestimmungen, zu welcher Zeit und in welchem Umfange der Bestandnehmer nach erfolgter Kündigung die Besichtigung der Bestandgegenstände durch Mietlustige zu gestatten hat. Auf Grund des Art. XI des Gesetzes vom 1. August 1895, R.=G.=Bl. Nr. 112, werden im Einvernehmen mit dem k. k. Oberlandesgerichte für jene Städte und Orte, für welche besondere Vorschriften über die Kündigung und Räumung gemieteter Wohnungen, Wirtschafts=Ge¬ bäude, Magazine ec. bestehen, folgende Bestimmungen getroffen und zur allgemeinen Kenntnis gebracht. § 1. Nach erfolgter Kündigung eines Miets=Ver¬ trages über Gebäude und andere unbewegliche oder für unbeweglich erklärte Sachen ist der Mieter verpflichtet, das Bestandobjekt bis zu dessen Wiedervermietung und wenn eine solche bis zur Auflösung des Vertrages nicht erfolgt, bis zu diesem Zeitpunkte durch Mietlustige be¬ sichtigen zu lassen. § 2. Die Besichtigung des Bestandobjektes ist unter Begleitung des Vermieters oder seines bestellten Macht¬ habers mit tunlichster Berücksichtigung des Mieters und nur in solcher Weise vorzunehmen, als sie notwendig ist, um den Mietslustigen Kenntnis von der Beschaffen¬ heit des Bestandobjektes zu verschaffen. Räumlichkeiten, in welchen sich schwer kranke Per¬ sonen besinden, dürfen ohne Zustimmung der Bewoh¬ ner nicht besichtigt werden § 3. Mangels einer Vereinbarung über die Zeit der jeweilig vorzunehmenden Besichtigung der Be¬ standobjekte kann diese von 11—12 Uhr vormittags und von 3—4 Uhr nachmittags vorgenommen werden; für die Stadt Innsbruck wird diese Besichtigung auf die Zeit von 10—11 Uhr vormittags und für die Gemeinde Wil¬ ten auf jene von 3—4 Uhr nachmittags festgesetzt. § 4. Die vorstehenden Bestimmungen haben auf Pachtverträge sinngemäße Anwendung zu finden. § 5. Die Verordnung tritt acht Tage nach ihrer Kundmachung in Wirksamkeit. Schwartzenau m. p. Statut für die städtische Dienstboten=Krankenversicherungskasse nebst bezüglicher Kundmachung. Kundmachung. Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Innsbruck hat in seiner Sitzung vom 20 Dezember 1902 beschlossen, eine Dienstboten=Krankenversicherungskasse zu errichten, um den Dienstgebern im Stadtbezirke Innsbruck die ihnen im Falle der Behandlung von erkrankten Dienst¬ boten im hiesigen allgemeinen Krankenhause obliegende Pflicht zur Zahlung der Verpflegskosten zu erleichtern. Diese Krankenversicherungskasse tritt mit 1. Januar 1903 in Wirksamkeit. Dienstgeber, welche Mitglied der Kasse werden wollen, haben dies bis 15. Januar 1903 im städtischen Meldeamte anzumelden, worauf ihnen die vorgeschriebenen Kranken=Versicherungs=Bücher aus¬ gestellt werden. Die entfallenden Jahresbeiträge sind sogleich bei der Stadtkasse zu erlegen, worüber von zwei Kassebeamten die Bestätigung im Krankenversicherungsbuche enthalten sein muß, wenn die Mitgliedschaft giltig erworben sein und dem Mitgliede der Vorteil der Kasse zukommen soll. Der Jahresbeitrag für das Jahr 1903 ist vom Ge¬ meinderate mit 4 Kronen für jeden Dienstboten fest¬ gesetzt worden. Nach der tirolischen Dienstbotenordnung vom 22. Januar 1879 ist jeder Dienstgeber verbunden, den im gemeinschaftlichen Haushalte lebenden Dienst¬ boten im Erkrankungsfalle durch drei Wochen auf seine Kosten zu verpflegen. Der Dienstgeber kann den kranken Dienstboten im eigenen Hause verpflegen, er kann ihn aber auch in eine öffentliche Anstalt oder an einem anderen Orte unterbringen, wenn dies ohne Gefahr für den Kran¬ ken möglich ist. Fügt sich der Dienstbote diesen Anordnungen nicht und ist seine Weigerung eine unbegründete, so ist der Dienst¬ herr jeder Verpflichtung enthoben. Ueber die Grund¬ hältigkeit der Weigerung hat der Gemeindevorsteher nach Erhebung aller Umstände, insbesondere des ärzt¬ lichen Gutachtens zu entscheiden. Wird der erkrankte Dienstbote im Innsbrucker allgemeinen Krankenhause untergebracht, hat der Dienstgeber für die Höchstdauer von drei Wochen die Verpflegskosten nach der dritten Klasse, welche gegenwärtig mit 2 Kr. 10 H. per Tag und Kopf bemessen werden, zu entrichten. Wenn Dienstgeber den Dienstboten bei Abgabe in das Krankenhaus zu¬ gleich des Dienstes entlassen, haben sie für denselben dennoch die Verpflegungsgebühren auf 3 Wochen zu ent¬ richten. Um den Dienstgeber diese Last möglichst zu erleich¬ tern, hat die Gemeindevertretung von Innsbruck unter ihrer ausschließlichen Verwaltung eine Dienstboten¬ Kranken=Versicherungskasse errichtet, welche die den Dienstgeber treffende Zahlung an seiner Stelle zu leisten übernimmt. Die Vorteile, welche jedem Dienstgeber aus dem Beitritte zu der Dienstboten=Kranken=Versicherungskasse erwachsen, sind einleuchtend, indem man durch die Ent¬ richtung eines so geringen Jahresbeitrages für jeden einzelnen Dienstboten, für welchen derselbe gezahlt wird, das Recht erlangt, bei dessen Erkrankung die un¬ entgeltliche Verpflegung desselben im hiesigen Kranken¬ hause auf die Dauer von drei Wochen zu erwirken, ohne die sonst vorgeschriebenen viel höheren Gebühren ent¬ richten zu müssen. Stadtmagistrat Innsbruck, am 23. Dez. 1902. Der Bürgermeister: W. Greil m. p. Bestimmungen für die von der Stadtgemeinde Innsbruck errichtete Dienstboten=Kranken=Versicherungskasse. Punkt 1. Die von der Stadtgemeinde Innsbruck errichtete Dienstboten=Krankenversicherungskasse steht unter der Verwaltung der Gemeinde und hat den Zweck, den Dienstgebern im Stadtbezirke Innsbruck die ihnen im Falle der Behandlung von erkrankten Dienstboten im hiesigen allgemeinen Krankenhause obliegende Pflicht zur Zahlung der Verpflegskosten abzunehmen. Punkt 2. Als Dienstboten sind im Sinne dieser Vorschrift alle Personen männlichen und weiblichen Geschlechtes zu be¬ 14*