Innsbrucker*innen

Adressbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert

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VII
Auszug aus der Dienstboten-Ordnung.
3. Wenn er den Dienstgeber oder dessen Angehörige
oder den bestellten Aufseher über das Dienstpersonale
durch Tätlichkeiten, durch Schimpf- und Schmähworte
oder ehrenrührige Nachreden beleidiget, die Mitdienst¬
boten gegen den Dienstgeber oder gegen einander auf¬
hetzt, oder überhaupt den Hausfrieden boshafter Weise
zu stören sucht;
4. Wenn er sich des Diebstahles, des Betruges,
oder der Veruntreuung schuldig macht oder Andere,
hiezu verleitet, oder die wahrgenommenen Entwendungen
Betrügereien oder Veruntreuungen von Mitdienstboten
dem Dienstgeber nicht anzeigt;
5. Wenn er, ungeachtet vorausgegangener Warnung
mit Feuer und Licht unvorsichtig umgeht, das ihm an¬
vertraute Vieh durch schlechte Wartung Schaden
nehmen lässt oder misshandelt, oder aus Bosheit, Mut¬
willen oder grober Nachlässigkeit das Eigentum des
Dienstgebers beschädiget;
6. Wenn er auf Rechnung des Dienstgebers ohne
dessen Vorwissen Geld oder Waren borgt;
7- Wenn er auf länger als acht Tage gefänglich
eingezogen wird.
8. Wenn er der Trunkenheit, dem Spiele oder
anderen Arten der Ausschweifung und Unsittlichkeit
sich ergibt, durch Ausserachtlassung kirchlicher Vor¬
schriften Aergernis in oder ausser dem Hause gibt,
insbesondere, wenn er die Kinder oder Verwandten des
Dienstgebers dazu zu verleiten sucht;
9. Wenn er ohne Erlaubnis des Dienstgebers über
Nacht ausbleibt, oder Fremde übernachten lässt (§ 14),
oder sonst die häusliche Ordnung gröblich verletzt;
10. Wenn er ohne Verschulden des Dienstgebers
über 3 Wochen krank ist.
Der Dienstbote hat in diesen Fällen nur Lohn und
Kost bis zum Zeitpunkte seiner Entlassung zu fordern,
unbeschadet der dem Dienstgeber etwa zustehenden
Entschädigungs-Ansprüche.
§ 29.
In welchen Fällen der Dienstbote den Dienst vor der
Zeit verlassen kann.
Der Dienstbote kann den Dienst vor der Zeit ver¬
lassen:
1. Wenn er ohne Schaden für seine Gesundheit
dem Dienste nicht weiter vorzustehen vermag.
2. Wenn der Dienstgeber den Dienstboten gröblich
misshandelt oder in anderer Weise die Grenzen der
ihm zustehenden häuslichen Zucht überschreitet.
3. Wenn der Dienstgeber den Dienstboten zu un¬
sittlichen oder gesetzwidrigen Handlungen, oder zu
Handlungen gegen die kirchlichen Vorschriften verleitet
oder zu verleiten sucht, oder ihn vor solchen Zumutungen
gegen Hausgenossen oder Personen, die im Hause aus¬
und eingehen, zu schützen verweigert.
4. Wenn der Dienstgeber auf länger, als die Dienst¬
zeit noch zu dauern hat, eine Reise zu unternehmen
im Begriffe steht, oder seinen ständigen Wohnsitz in
einem anderen entfernten Orte aufschlägt und in diesen
Fällen den Dienstboten gegen dessen Willen mitnehmen
will.
5. Wenn die Eltern des Dienstboten in Folge plötz¬
licher Erkrankung denselben zur Pflege dringend be¬
nötigen, oder wenn eine andere wichtige Angelegenheit
des Dienstboten dessen sofortige längere Anwesenheit
an einem anderen Orte dringend notwendig macht.
Der Dienstgeber kann jedoch in den Fällen ad 1
und 5 verlangen, dass der Dienstbote nach dem Auf¬
hören der Ursachen seiner Entfernung in den Dienst
wieder zurückkehre, wenn die Dienstzeit noch nicht
abgelaufen ist.
Die Gründe des Austrittes müssen jedoch dem
Gemeindevorsteher angezeigt, und falls sie vom Dienst¬
geber widersprochen würden, glaubwürdig dargetan
werden.
Ohne Bewilligung des Gemeindevorstehers darf der
Dienstbote den Dienst nicht verlassen, den Fall einer
augenscheinlichen Gefahr des Lebens oder einer Be¬
schädigung ausgenommen.
In den Fällen ad 2 und 3 ist dem Dienstboten
Lohn und Kost für die noch übrige Dienstzeit, und
wenn diese länger als ein Vierteljahr dauert, für drei
Monate zu vergüten (S 7).
In den Fällen ad 1, 4 und 5 kann Kost und Lohn
nur bis zum Austritte aus dem Dienste gefordert werden.
§ 30.
Der Dienstbote kann den Dienst vor der Zeit,
jedoch bei ganzjährigen Diensten nur nach voran¬
gegangener sechswöchentlicher, bei kürzerer Dienstzeit
aber nach vorangegangener vierzehntägiger Aufkündigung
verlassen
1. Wenn der weibliche Dienstbote zur Verehelichung
und der männliche zum Antritte einer eigenen Wirt¬
schaft oder eines eigenen Gewerbes vorteilhafte Gelegen¬
heit erhält, welche durch Ablauf der Dienstzeit versäumt
werden würde.
2. Wenn die Ueberkommung einer Erbschaft die
längere Anwesenheit des Dienstboten an einem anderen
Orte notwendig macht.
3. Wenn die Eltern des Dienstboten wegen einer
erst nach Antritt des Dienstes vorgefallenen Veränderung
ihrer Umstände desselben zur Führung ihrer Wirtschaft
oder ihres Gewerbes nicht entbehren können.
Auch diese Gründe müssen dem Gemeindevorsteher
angezeigt und beim Widerspruche des Dienstgebers
glaubwürdig dargetan werden, und darf der Dienstbote
sich ohne Bewilligung des Gemeindevorstehers nicht
entfernen.
Unter Beobachtung dieser Vorschrift kann der Dienst¬
bote im Falle der Dringlichkeit die Entlassung selbst
vor Ausgang der sechswöchentlichen, beziehungsweise
vierzehntägigen Aufkündigungsfrist verlangen, wenn er
statt seiner einen tauglichen Dienstboten stellt und
sich mit demselben wegen Kost und Lohn für diese
Zeit ohne Schaden des Dienstgebers abfindet.
§ 32.
Wenn ein Diensthote ohne gesetzmässigen Grund vor der
Zeit entlassen wird.
Der Dienstgeber, der ohne gesetzmässigen Grund
(§ 28) einen Dienstboten ohne Aufkündigung und vor Ab¬
lauf der Dienstzeit entlässt, kann zwar nicht genötigt
werden, denselben gegen seinen Willen wieder aufzu¬
nehmen, er ist aber verpflichtet, ihm Lohn und Kost
für die noch übrige Dienstzeit, und wenn diese länger
als ein Vierteljahr dauert, für drei Monate zu vergüten
(§ 7) und den allfälligen übrigen Schaden zu ersetzen.
§ 33.
Wenn ein Dienstbote den Dienst ohne gesetzmässigen
Grund vor der Zeit verlässt.
Dienstboten, die vor Ablauf der Dienstzeit ohne ge¬
setzmässigen Grund den Dienst eigenmächtig verlassen,
sind dem Gemeindevorsteher anzuzeigen, von diesem zu
verfolgen, und auf Verlangen des Dienstgebers selbst
durch Zwang zur Rückkehr in den Dienst anzuhalten.
Sie sind überdies strenge zu bestrafen und verpflichtet,
den aus der unerlaubten Dienstesverlassung entstandenen
Schaden zu ersetzen.