Innsbrucker*innen

Adressbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert

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VI
Auszug aus der Dienstboten-Ordnung.
selbst mit Anwendung von Zwangsmassregeln zu ver¬
halten.
Der Dienstgeber kann jedoch in diesem Falle auch
von dem Vertrage abgehen und, nebst der Zurück¬
stellung der Darangabe, den Ersatz des ihm hiedurch
zugehenden Schadens verlangen.
Auch der Dienstbote kann vor Antritt des Dienstes
von dem Vertrage zurücktreten, wenn solche Umstände
eintreten, welche ihn berechtigen würden, den Dienst
vor Ablauf der Dienstzeit zu verlassen (§ 29). In den
Fällen ad 1, 4 und 5 des § 29 muss sich der Dienst¬
geber mit der Zurückstellung der Darangabe begnügen;
in den Fällen ad 2 und 3 ist der Dienstbote berechtigt,
die Darangabe zu behalten. Ist jedoch das Hindernis
vorübergehend, so ist der Dienstbote verpflichtet, nach
dessen Behebung, auf Verlangen des Dienstgebers den
Dienst anzutreten.
§ 9.
Dauer der Dienstzeit.
Die Dauer der Dienstzeit wird, wenn nicht ein be¬
sonderes Uebereinkommen stattgefunden hat, hinsicht¬
lich jener Dienstboten, welche für landwirtschaftliche
Arbeiten aufgenommen werden, auf ein Jahr, hinsichtlich
der übrigen Dienstboten auf ein Vierteljahr festgesetzt.
Als regelmärsiger Termin der Ein- und Austritts¬
zeit haben die ortsüblichen Zeitpunkte zu gelten, wenn
nicht ausdrücklich andere verabredet wurden.
§ 10.
Aufkündigung.
Insoferne nicht ausdrücklich verabredet wird, dass
nach Ablauf der bedungenen Dienstzeit das Dienstver¬
hältnis nicht mehr weiter fortgesetzt werden soll, oder
insoferne diesbezüglich nicht eine unbezweifelte Orts¬
übung besteht, bewirkt dieser Ablauf die Aufhebung
des Dienstvertrages nur nach vorgängiger Aufkündigung,
welche bei ganzjährigen Diensten spätestens drei Monate
und bei vierteljährigen Diensten spätestens vier Wochen
vor Ablauf der Dienstzeit zu geschehen hat.
Bei einer Dienstzeit unter drei Monaten wird eine
vierzehntägige Aufkündigung festgesetzt.
Geschicht von keinem Teile rechtzeitig eine Auf¬
kündigung, so ist der Dienstvertrag auf dieselbe Zeit¬
dauer stillschweigend erneuert, welche vorher durch den
Dienstvertrag oder den § 9 dieses Gesetzes bestimmt war.
§ 16.
Ohne Vorwissen und Bewilligung des Dienstgebers
darf der Dienstbote seine Kleidungs- und Wäschstücke
oder seine sonstigen Habseligkeiten ausser dem Hause,
wo er dient, nicht aufbewahren.
Er muss sich die Durchsicht seiner Truhen, Koffer
und sonstigen Behältnisse von Seite des Dienstgebers,
ohne Angabe eines Grundes, in seiner und eines Zeugen
Gegenwart gefallen lassen.
§ 17.
Der Dienstbote ist bei seinem Austritte verpflichtet,
Alles was ihm zur Aufsicht, Besorgung oder Verwahrung
übergeben oder sonst anvertraut wurde, dem Dienst¬
geber ordentlich zurückzustellen und auf Verlangen des¬
selben die Gegenstände, die er als sein Eigentum mit
sich nimmt, vor deren Wegbringung in seiner Gegen¬
wart in Augenschein nehmen zu lassen.
§ 22.
Verpflegung eines kranken Dienstboten.
Erkrankt der Dienstbote, so hat der Dienstgeber
für dessen Verpflegung (§ 29) Sorge zu tragen, und es
können die aufgewendeten Kosten vom Lohne nur dann
abgezogen werden, wenn der Dienstbote durch sein
eigenes Verschulden erkrankt ist.
Dauert die Krankheit länger als drei Wochen, so
ist der Dienstbote nach Ablauf dieser Zeit, wenn er
aus dem Dienste entlassen wird (§ 28 Zahl 10) und
vermögenslos ist, wie ein anderer, in keinem Dienst¬
verhältnisse stehender erkrankter Arme zu behandeln,
und ist daher der Gemeindevorsteher hievon rechtzeitig
zu verständigen.
§ 23.
Ist die Erkrankung erwiesenermassen aus einem
Verschulden des Dienstgebers erfolgt, so hat dieser, un¬
beschadet der dem Dienstboten sonst zustehenden Ent¬
schädigungsansprüche, während der ganzen Dauer der
Krankheit für Pflege, ärztliche Behandlung und Medika¬
mente Sorge zu tragen, ohne dass ein Abzug am Lohne
stattfinden darf.
§ 24.
Der Dienstgeber kann den kranken Dienstboten im
eigenen Hause verpflegen, er kann ihn aber auch in
eine öffentliche Anstalt oder an einen andern Ort unter¬
bringen, wenn dies ohne Gefahr für den Kranken mög¬
lich ist.
Fügt sich der Dienstbote diesen Anordnungen nicht,
und ist seine Weigerung eine ungegründete, so ist der
Dienstherr jeder Verpflichtung aus den §§ 22 und 23
enthoben.
Ueber die Grundhältigkeit der Weigerung hat der
Gemeindevorsteher nach Erhebung aller Umstände, ins¬
besondere des ärztlichen Gutachtens zu entscheiden.
§ 25.
Auflösung des Dienstvertrages
a.) durch beiderseitiges Einverständnis.
Der Dienstvertrag kann durch beiderseitiges Ein¬
verständnis zu jeder Zeit aufgelöst werden.
§ 26.
b.) durch den Tod des Dienstgebers.
Durch den Tod des Dienstgebers erlischt der Dienst¬
vertrag nur insofern, als die Erben denselben nicht fort¬
setzen wollen. In diesem Falle haben sie aber dem
abziehenden Dienstboten, falls der Dienstvertrag für ein
Jahr oder darüber geschlossen war, den Lohn und die
Kost für drei Monate, wenn derselbe für ein Vierteljahr
oder darüber bis zu einem Jahre geschlossen war, für
einen Monat, im Falle endlich, dass er nur für einen
Monat oder darüber bis zu einem Vierteljahre Geltung
hatte, für 14 Tage zu vergüten.
War dem Dienstboten bereits von dem Verstorbenen
der Dienst aufgekündigt, so gebührt demselben diese
Entschädigung nur für jene geringere Zeit, für welche
der Dienstvertrag noch zu dauern gehabt hätte.
§ 28.
In welchen Fällen der Dienstgeber den Dienstboten
sogleich entlassen kann.
Der Dienstgeber kann den Dienstboten ohne Auf¬
kündigung sofort entlassen:
1. Wenn der Dienstbote zur Verrichtung des
Dienstes für welchen er aufgenommen wurde, aus was
immer für einer Ursache unbrauchbar ist;
2. Wenn er seine Dienstpflichten gröblich verletzt,
insbesondere den Befehlen des Dienstgebers oder des
bestellten Aufsehers über das Dienstpersonale wiederholt
Ungehorsam oder Widerspenstigkeit entgegensetzt;