Innsbrucker*innen

Adressbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert

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26
Chronik und Statistik
I
Basis erreicht hat, die jener des Jahres 1940 gleicht.
Als nächste Eigentümlichkeit fallen die zwei Einschnü¬
rungen bei den Geburtenjahrgängen 1935 und 1916
auf. Die erste Einschnürung ist wohl eine Folge der
Wirtschaftsmisere der dreißiger Jahre. Beim Jahrgang
1916 überlagern sich die Geburtenausfälle des ersten
Weltkrieges und die Dezimierung jener Männer, die
vor dem Anschluß Österreichs an Deutschland aktiv
gedient haben, dann von der deutschen Wehrmacht
übernommen wurden und anschließend den zweiten
Weltkrieg mitgemacht haben. Eine starke Lücke wei¬
sen bei den Männern auch die Jahrgänge 1917 bis 1927
auf, weil diese zu den aktiven Jahrgängen im zweiten
Weltkrieg gehörten. Die Ausfälle des ersten Weltkrie¬
ges sind erstens nicht so groß, verteilen sich auf eine
ganze Reihe von Jahren und sind durch die natürliche
Absterbeordnung schon zu sehr verwischt. Es sind dies
vor allem die Jahrgänge 1895 bis 1900, die an beiden
Weltkriegen teilgenommen haben, und frühere Jahr¬
gänge, etwa bis 1870.
Wie stark das Mißverhältnis zwischen der Zahl der
Männer und jener der Frauen in den einzelnen Jahr¬
gängen ist, kommt zum Ausdruck, wenn man den
Frauenüberschuß, der bei den Innsbruckern über 25
Jahren herrscht, in Beziehung zu den insgesamt Leben¬
den in jedem Jahrgang bringt. Auch hier spiegeln sich
die oben erwähnten Kriegssterbefälle wider, und bei
den älteren Jahrgängen macht sich die höhere Lebens¬
erwartung der Frauen bemerkbar. Vom Jahrgang 1922
z. B. leben in Innsbruck um 63 Prozent mehr Frauen
als Männer, und vom Geburtenj ahrgang 1878 aufwärts,
also den heute 84jährigen und darüber, leben durch¬
schnittlich doppelt so viele Frauen als Männer, ja bei
einigen Jahrgängen sogar bis zu siebenmal soviel! Bei
den Leuten über 60 Jahre, das ist ein Sechstel (!) der
Gesamtbevölkerung, leben um 57 Prozent mehr Frauen
als Männer. Bei der übrigen Bevölkerung macht der
Frauenüberschuß nur 12 Prozent aus.
Die nachfolgende Tabelle über den Familien¬
stand spricht zwar für sich, doch sollen einige Worte
die Entwicklung beleuchten.
Zunächst fällt auf, daß der Anteil der Ledigen ge¬
waltig ab genommen hat, während die Anteile der Ver¬
heirateten und Geschiedenen ziemlich stark zugenom¬
men haben. Bei den männlichen Verwitweten ist nur
ein minimaler Anstieg feststellbar, während der Anteil
der' Witwen nahezu auf das Doppelte angestiegen ist.
Hervorhebenswert ist, daß im Jahre 1957 der Anteil
der Witwen fünfmal so groß war wie jener der Wit¬
wer.
Bei den Volkszählungen werden nicht nur die ein¬
zelnen Personen erfaßt, sondern auch die gesellschaft¬
lichen Gemeinschaften, wie z. B. Wohngemeinschaften,
Haushaltungsgemeinschaften, Familien usw., in denen
sie leben. Betrachtet man also die Bevölkerung nach
der Zusammensetzung der Haushaltungen, so
ergeben sich die in nachstehender Tabelle wiedergege¬
benen Zahlen:
Beachtenswert ist die starke Zunahme der Einzel¬
haushaltungen und im Gegensatz dazu die starke Ab¬
nahme der Anstaltshaushaltungen, was wohl im letzte¬
ren Falle auf eine begriffliche Verschiebung bei den
verschiedenen Zählungen zurückzuführen ist. Alle
Zahlen beziehen sich aus prinzipiellen Erwägungen
heraus auf den jeweiligen Gebietsstand.
Von den soziologischen, kulturellen oder rechtlichen
Kennzeichnungen seien nur die Staatszugehö¬
rigkeit und das Religionsbekenntnis her¬
ausgegriffen. Bei der großen Volkszählung des Jahres
1910 waren 93,2 Prozent der Bevölkerung — Inns¬
bruck zählte damals nur etwa halb soviel Einwohner
als heute — Österreicher. Auch 1934 war der Anteil
annähernd der gleiche. Bei der Volkszählung des Jah¬
res 1951 war der Anteil auf 95,2 Prozent gestiegen.
Über die Religionszugehörigkeit orien¬
tiert die nachfolgende Tabelle:
Relevant ist der Rückgang bei den Katholiken und
die Zunahme bei den Protestanten, ferner die prozen¬
tuell gleich großen Anteile der Bekenntnisse „gott¬
gläubig“ plus „ohne Religionsbekenntnis“ während
der nationalsozialistischen Ära — und „ohne Religions¬
bekenntnis“ im Jahre 1952 (jeweils 4,9%). Bemerkens¬
wert ist auch die Abnahme der Anteile der jüdischen
Religion, ebenfalls eine Folge des Hitlerregimes.
2. Natürliche Bevölkerungsbewegung
(Die Angaben beziehen sich, soferne nicht anders an¬
gegeben, auf die ortsansässige Bevölkerung.) Die Er¬
fassung erfolgte auf Grund von standesamtlichen Be¬
urkundungen.
a) Geburten
Die niedrige Zahl der Lebendgeborenen vor 1938
wird erst verständlich, wenn man in Betracht zieht,
daß damals lediglich die Katastralgemeinden Wüten
und Pradl eingemeindet waren und daß die Bevölke¬
rung von Innsbruck nur etwa 60.000 Personen zählte.
Durch die 1938 erfolgten Eingemeindungen von Höt-
ting, Mühlau und Amras stieg die Bevölkerungszahl