Innsbrucker*innen

Adressbücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert

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Chronik und Statistik
I
Josef Anton Neuner, geboren am 22. Juli 1817 in Telfs, Oberinntal, gestorben am 8. Mai 1885 in Innsbruck.
1858-1861 Josef Anton Neuner leitete als provisorischer Bürgermeister erstmals die Gemeinderatssitzung vom 19. 7. 1858,
die „zum Behufe der Anordnungen der bei Gelegenheit der Eröffnung der tirolischen Staatseisenbahn statt¬
habenden Feierlichkeiten" einberufen worden war. Neuner, von Beruf Richter, war Bürgermeister bis 23.1.1861
und dann Vizebürgermeister. Er war — wie es in einem Nachruf hieß — „der letzte Bürgermeister in der Zelt
des Absolutismus und der Bevormundung der Gemeinde durch die Regierung; nichtsdestoweniger war sein
Wirken innerhalb der damals engen Grenzen, die für den selbständigen Wirkungskreis der Stadtvertretung
und des Magistrats gezogen waren, ein ersprießliches“. Im November 1858 wurde die Unterinntaler Bahn er¬
öffnet, 1859 brach der Krieg mit Italien aus. Er wurde am 1. 8. 1861 zum Ehrenbürger von Innsbruck ernannt
und vom Kaiser mit dem Franz-Josephs-Orden ausgezeichnet; später erhielt er den Rang eines Statthalterei-
Rates. 1866 war Neuner Vorsteher des Bezirksamtes in Reutte. Neuner war mit Karoline von Mersi verhei¬
ratet. Am 8. 4. 1885 starb er an Entkräftung,
Während seiner Amtsperiode war Bürgermeister-Stellvertreter: Dr. Josef Ritter von Peer.
Karl Adam, geboren am 19. Jänner 1821 in Innsbruck, gestorben am 14. Jänner 1898 in Innsbruck.
1861—1864 Kaufmann Karl Adam übernahm am 29. 1. 1861 als erster das Amt eines konstitutionellen Bürgermeisters, das
er bis zum 20. 4. 1864 innehatte. Im Mai 1864 lag im Handelskasino eine Dankadresse zur Unterfertigung auf,
die Adam durch eine Bürgerdeputation unter Vizebürgermeister M. Meyer überreicht wurde. Darin hieß es u. a.:
„Ihrer Anregung verdankt die Gemeinde das Emporblühen gemeinnütziger Anstalten, die Einführung zeit¬
gemäßer Reformen auf allen Gebieten. Sie haben allen Bürgern vorangeleuchtet durch opferwillige Ausdauer,
durch ein leutseliges, humanes Benehmen und durch ein unerschütterliches Festhalten an dem Staatsgrund¬
gesetze vom Februar 1861 und dessen Prinzipien.“ Besondere Verdienste erwarb sich Adam als Organisator der
städtischen Feuerwehr. Er propagierte auch den Bau einer Fernbahn und war durch viele Jahre Vorstand der
Sparkasse. Ausgezeichnet mit dem Eisernen Kronenorden 3. Klasse und am 5. 9. 1877 zum Ehrenbürger ernannt,
starb Adam am 14. 1. 1898.
Während seiner Amtsperiode war Bürgermeister-Stellvertreter: Martin Meyer.
Dr. Josef Peer, Ritter von Egerthal, geboren am 11. September 1811 zu Burghausen in Oberbayern, ge¬
storben am 18. Dezember 1879 in Innsbruck.
1864-1867 Dr. Peer zog 1848 als Leutnant der Studentenkompanie an die italienische Grenze. Von Beruf Gutsbesitzer
und Rechtsanwalt und der Konservativen Partei angehörig, wurde Peer am 17. 5. 1864 Bürgermeister. Unter sei¬
ner Amtszeit wurde der Berg-Isel-Tunnel erbaut, die städtische Sicherheitswache, die das Ende der Nacht¬
wächter bedeutete, eingerichtet und das Gefällswesen reorganisiert. Als Vorkehrung gegen die Einschleppung
der Cholera wurden im November 1866 die Straßen der Stadt mit Eisenvitriollösung bespritzt. Am 3. 6. 1867
legte Peer sein Amt nieder. Obwohl er selbst nicht der Adelsmatrikel angehörte, vermachte er dem Adelsmatri¬
kelfonds über 300.000 Gulden für die Unterstützung adeliger und bürgerlicher Fräulein. Am 18. 12. 1879 erlag
Peer einem Schlagfluß.
Während seiner Amtsperiode war Bürgermeister-Stellvertreter: Dr. Franz Freiherr von Rapp.
Dr. Franz Xaver Maria Josef Rapp, Freiherr vou Heidenburg, geboren am 21. Februar 1823 in Innsbruck,
gestorben am 19. Sentember 1889 in Innsbruck.
1867- 1869 Rapp war als Sohn des k. k. Gubernialrates und Kammerprokurators Josef Rapp und der Anne von Stolz
geboren. 1848 zog er als Oberleutnant der Scharfschützenkompanie Hopfgarten ins Feld. Rapp war Mitglied
der katholischen Studentenverbindung „Austria“ und der Konservativen Partei und übte den Beruf eines
Notars aus. Von 1863—1866 Vizebürgermeister von Innsbruck, wurde er am 3. 5. 1867 zum Bürgermeister ge¬
wählt. Diese Würde legte er aber bereits am 27. 2. 1869 nieder, da er mit dem neuen Schulgesetz nicht einver¬
standen war. Am 11. 9. 1871 wurde er zum Landeshauptmann gewählt; er versah dieses Amt bis 1877 und vom
19. 7. 1881 an. Da Rapp selbst gegen seine Partei Stellung nahm, wenn sie ausfällig zu werden drohte, entstand
ihm darin eine gewisse Gegnerschaft. Diese versuchte in seinem Wahlbezirk Gegenkandidaten aufzustellen. Er
wurde vom Kaiser mit dem Orden der Eisernen Krone 2. Kl. ausgezeichnet, in den Freiherrnstand er¬
hoben und zum lebenslänglichen Reichsratsmitglied ernannt; überdies war er Komtur des päpstlichen Gre-
goriusordens. Rapp erlag, 65 Jahre alt, einer Herzlähmung.
Während seiner Amtsperiode war Bürgermeister-Stellvertreter: Dr. Johann Tschurtschenthaler.
Dr. Johann
1869- 1871
1872-1877
Tschurtschenthaler, geboren am 8. Jänner 1828 in Innsbruck, gestorben am 27. September
1893 in Innsbruck.
Dr. Tschurtschenthaler, ein Sohn des Kaufmanns Simon Tschurtschenthaler jun. und der Aloisia Preyer, übte
den Beruf eines Notars aus und gehörte der Liberalen Partei an. Er wurde am 1. 6. 1869 zum Bürgermeister
gewählt. Als Anfang März 1871, anläßlich des Friedensschlusses zwischen Deutschland und Frankreich, ein
Fackelzug und eine Bergbeleuchtung stattfand, bezichtigte die Regierung die Deutschnationalen der Illoyalität,
worauf Tschurtschenthaler Amt, Orden und Offizierspatent zurücklegte. Trotz heftiger Gegnerschaft wurde
er aber am 29. 5. 1872 und 8. 5. 1875 neuerlich zum Bürgermeister gewählt. In seine erste Amtszeit fällt die
(43.) Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte im September 1869 und die Eröffnung der medizini¬
schen Fakultät im Oktober desselben Jahres. Über Anregung Tsehurtschenthalers wurde die Volksküche ge¬
gründet, wofür die Sparkasse 10.000 Gulden widmete. In Würdigung seiner Verdienste am 15. 6. 1877 zum Ehren¬
bürger- ernannt, starb er am 27. 9. 1893.
Während seiner Amtsperiode waren Bürgermeister-Steilvertreter: Dr. Wilhelm Seeber, Dr. Heinrich Falk,
Dr. Josef Dinter.
Dr. Josef Dinter, geboren am 23. November 1835 in Gaudenzdorf, Niederösterreich, gestorben am 6. April
1908 in Innsbruck.
1877 — 1880 Dr. Dinter, von Beruf Rechtsanwalt, wurde am 9. 5.1877 Bürgermeister. In der Gemeinderatssitzung vom
14. 5. 1880 gab er einen Rechenschaftsbericht über seine Amtsführung, der sogar gedruckt herausgegeben
wurde. Darin erklärte er nach einem Rückblick über die Verwaltung der Stadt in dem abgelaufenen Jahr¬
zehnt u. a., daß sich bereits sein Vorgänger Dr. Tschurtschenthaler unter Mitwirkung der Gemeindevertre¬
tung zu den Grundsätzen einer allseitigen Förderung des zeitgemäßen Aufblühens der Stadt als Mittelpunkt
des Handels und des sich immer mehrenden Fremdenverkehrs bekannt habe und er in dessen Fußstapfen ge¬
treten sei. Dinter wies die tendenziös in Umlauf gesetzten Anschuldigungen einer „Mißwirtschaft“, die zum
Bankrott führe, zurück und lehnte jede Wiederwahl im vorhinein ab. Altbürgermeister Adam sprach ihm an¬
schließend den Dank des Gemeinderates aus. Unter Dr. Dinter erlebte die Stadt eine Reihe baulicher Aus¬
gestaltungen (z. B. Schulhausbauten in Dreiheiligen und St. Nikolaus, Herstellung des Margarethenplatzes).
Dinter war auch Präsident der Nordtiroler Advokaten-Kammer und Mitglied der judiziellen k. k. Staatsprü-